II. Theorische Astronomie. 3. Von der Sonne.
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1dem Jakobsgürtel im Orion richtet, und wartet bis der Stern wie-
2der unter den Tubus kömmt: so hat man einen Sterntag. – Die
3Astronomen können sich wohl dieser Tage bedienen, und bedie-
4nen sich auch derselben. Aber im gemeinen Leben geht es nicht an.
5Da richten sich unsere Geschäfte nicht nach den Sternen, sondern
6nach | der Sonne. Und so müssen denn auch die Tage und Stunden478
7nicht nach den Sternen, sondern nach der Sonne regulirt werden.
8Unter einem Sonnentag versteht man diejenige Zeit, während
9welcher uns die Sonne wieder im Meridian erscheint. Er ist fast
10um 4 Minuten Sternzeit länger, als der Sterntag; denn während
11die Erde sich einmahl um ihre Axe dreht, und also einen Sterntag
12bestimmt, rückt sie auch auf ihrer Bahn von Westen nach Osten,
13um etwa 1°fort, welcher in Zeit ausgedrückt, 4 Minuten beträgt.
14Sie wälzt sich also während dieser Zeit aufs Neue um ihre Axe,
15bis sie die Sonne wieder in den Meridian bekömmt.
16Mit diesen Sonnentagen hat es die ganz eigene Bewandtniß,
17daß sie nicht von gleicher Länge sind; weil sich die Erde auf
18ihrer Bahn um die Sonne, nicht mit gleichförmiger Geschwindig-
19keit, und nicht immer geradezu gegen Osten bewegt. Im Sommer
20rückt sie auf ihrer Bahn nur um 57'11'', im Winter aber um
2161'11'' fort. Eben so ist ihr | Lauf bey den Wendepunkten nicht479
22gerade zu gegen Osten, sondern schräg gerichtet. – Man nennt
23daher diejenige Zeit, während welcher die Sonne wieder in dem
24Meridian erscheint, gleichviel ob sie länger, oder kürzer sey, den
25wahren Sonnentag, oder die wahre Sonnenzeit, oder überhaupt
26die wahre Zeit. Die mittlere Größe aber aus den ungleichen Län-
27gen der wahren Sonnentage im Durchschnitt genommen, nennt
28man den mittleren Sonnentag, oder die mittlere Sonnenzeit, oder
29überhaupt die mittlere Zeit. Und dieß führt nun zur Zeitgleichung
30(æquatio temporis), worunter man den für jeden Augenblick sich
31ergebenden Unterschied, zwischen der wahren und mittleren Zeit
32versteht. Man stellt sich hiebey eine fingirte Sonne vor, welche
33sich im Aequator bewegt und täglich gleichweit in demselben
34fortrückt, dennoch aber ihren jährlichen Umlauf in eben der Zeit
35vollendet, in welcher die wahre Sonne die ganze Ekliptik durch-
36läuft. Diese Zeit ist das tropische Sonnenjahr von 365d5h48'48''.
37Wenn also die | fingirte Sonne in diesem Zeitraume den ganzen480
38Aequator oder 360°mit gleichförmiger Bewegung durchläuft,
39so kommen auf einen Tag, wie man durch die Regeldetri leicht
40findet 59'8''29''',4 des Aequators, oder im Bogenmaaße. Man
41frägt nähmlich