II. 3. Von den wässerichten Lufterscheinungen.
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1Regenbogens zu thun, von dem wir erst nur noch einen Punkt,
2und zwar nur einen hellen Punkt, aber noch keinen gefärbten
3kennen.
4Was zuvörderst die Färbung jenes Punktes betrift, so muß man
5sich daran erinnern, was in der Physik von der Spaltung des Lichts
6gelehret wird. Jeder Sonnenstrahl ist gleichsam ein Seidenfaden,
7der aus mehreren einzelnen Fäden zusammengedreht ist und nach
8Belieben wieder in diese seine Bestandtheile zerlegt oder ausein-
9ander gedreht werden kann. Wird ein Sonnenstrahl mit einem
10Prisma aufgefangen, so spaltet er sich bey seinem | Heraustritt262
11aus demselben, eigentlich in unzählig viele gefärbte Zweige, unter
12welchen man aber, von unten nach oben zu, folgende bekannte
13sieben, am kenntlichsten unterscheiden kann: roth, orange, hell-
14gelb, grün, hellblau, indigoblau, violett. Dasselbe Phänomen kann
15man auch mit einer mit ungefärbtem Wasser gefüllten Glasku-
16gel erhalten, und dasselbe Phänomen ereignet sich denn auch
17mit einem Regentropfen, aus welchem auf die vorhin bezeichnete
18Weise ein Sonnenstrahl gebrochen heraustritt. Der Strahl Sa wird
19demnach bey seinem Heraustritt bey c in die eben genannten
20sieben gefärbten Strahlen zerspalten.
21Gelangten diese sieben Strahlen alle in das Auge O des Beob-
22achters, so würde er im Regentropfen A, statt eines, hellen Punk-
23tes, obige sie|ben, gefärbten erblicken. Allein dieß ist nicht der263
24Fall. Er sieht nur den rothen, und hievon ist Folgendes die Ursa-
25che. Die sieben farbigen Strahlen haben nicht einerley Brechung,
26wenn sie bey c herausfahren; der rothe wird am wenigsten, der
27violette am stärksten gebrochen.
28Sie können also nicht alle in einer und derselben Richtung
29fortgehen und also auch nicht alle in das Auge gelangen. Es sey
30z.B. cO der rothe Strahl, der in das Auge O gelangt, so kann von
31den übrigen sechsen keiner dasselbe rühren, weil sie alle über das
32Auge hinweg ihre Richtung haben, wie man an cV sieht, der den
33violetten vorstellt.
34Gleichwohl aber sieht das Auge sieben gefärbte Tropfen, von
35welchen der rothe der oberste, der violette der unterste ist; und
36dieß geht auf fol|gende Art zu. Der Tropfen A schickt demselben264
37seinen rothen Strahl zu, der nächst unter ihm befindliche, den
38orangegelben, der folgende den hellgelben, und so immer fort bis
39zum siebenten Tropfen G, von welchem der violette Strahl in das
40Auge gelangt. Bey diesem siebenten Tropfen wird eben so, wie
41bey den übrigen – welches aber die Zeichnung verwirren würde –