Georg Christoph Lichtenberg

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Seite 137

Band 3 - III. Von der Bewegung überhaupt - Heffte

183191
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3
0
1 daß man eigentlich nur sagen kan, daß eine Bewegung vorgegan-
2 gen sey, nicht aber welcher Körper sich bewegt habe. Sonne,
3 Erde­. Dieses führt auf den Begrif von relativem und absolutem
4 Raum. Aller erfüllte Raum ist immer relativ, denn man konte
5 sich ausser ihm noch einen anderen dencken.
6 Denckt man sich also einen unendlichen Raum, der sich folglich
7 nicht weiter bewegen kan, so heißt dieses das absolute.23
8 Ein Körper der im absoluten ruhte, würde absolute ruhen, hier-
9 von können wir nicht urtheilen, dieser Raum ist kein Gegenstand
10 der Erfahrung, sondern ein bloses Gedancken-Ding24
11 Absolute ruhen und relativ sich bewegen, relative ruhen und sich
12 absolute bewegen. (sehr leicht)25 |
13 4r = cAlle Bewegung geschieht also in Raume.
14 Sie geschieht aber auch in der Zeit
15 Zeit? Was?
16 Zeit ist die Vorstellung vom continuirlichen Nacheinander seyn,
17 so wie die vom Raume vom Nebeneinander seyn.
18 Die neuere Philosophie hat es ebenfalls mehr als wahrscheinlich
19 gemacht, daß die Zeit eben so etwas für den inneren Sinn ist, wie
20 der Raum für den äusseren. Wir können uns eben so wenig einen
21 Gegenstand des inneren Sinns, ausser der Zeit dencken, als einen
22 des äussern ausser dem Raume. – Nach ihr ist also die Zeit
23 nichts, dem objective Realität zu kömmt, sondern blos Form un-
24 serer Sinnlichkeit und zwar des innern Sinnes, ohne diesen wäre
25 keine Zeit, so wie ohne jenen kein Raum.26
26 Analogie zwischen beyden hat auch der gemeine Menschenver-
27 stand schon ausgefunden wir sagen ZeitRaum, spatium temporis
28 pp in allen Sprachen. Aber nicht Raum=Zeit, dieses rührt wohl
29 daher, weil jede Erfahrung des äusseren Sinnes auch zugleich
30 unsern­ Innern verändert und also die Form der Zeit annimmt, al-
31 lein nicht umgekehrt. |
32 5r = dAllein dem sey nun wie ihm wolle, wir wissen was Zeit ist. Für
33 uns hat die Zeit als Erscheinung Realität27
34 Der Begriff von Raum und Zeit führt auf den von Geschwindig-
35 keit.

Textkritischer Kommentar

137 11 – 12 
137 erg.
textkritik 190929
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137 15 
137LB
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646095 183192 3
137 20  eben so wenig einen]
137für keinen LB, nachgez. LT
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137 22  Nach ihr]
137unterstr. LB
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137 28  Raum=Zeit]
137doppelter Bindestrich und Unterstr. erg. LB
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646099 183192 3
137 29  des äusseren]
137für äusserer
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137 32 – 33  Für … Realität]
137erg.
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Textkritischer Kommentar (Randtext)

Anmerkungen

507 23 
507 Vgl. MAdN, 17 (Phoronomie, Erklärung 1) = KA 4, 480: „Der Raum, der selbst beweglich ist, heißt der materielle, oder auch der relative Raum; der, in welchem alle Bewegung zuletzt gedacht werden muß, (der mithin selbst schlechterdings unbeweglich ist), heißt der reine, oder auch absolute Raum.“
anmerkung 190927
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507 24 
507 So Weber (Vorlesungen 1, 1793, §S. 25): „Da der absolute Raum außerhalb von jedem gegebenen Raum von uns bloß gedacht, und auf solche Weise ins Unendliche hinaus gerückt wird, so kann der absolute Raum nie ein Gegenstand der Erfahrung sein, sondern wird immer bleiben eine bloße Idee.“|
anmerkung 190928
646092 183192 3
508 25 
508 Für einen im absoluten Raum geradlinig-gleichförmig bewegten Beobachter scheint ein im absoluten Raum ruhender Körper sich zu bewegen; ein gegen andere bewegte Körper relativ ruhender Körper kann sich dennoch im absoluten Raum geradlinig gleichförmig bewegen. In beiden Fällen sind Ruhe und Bewegung für den Beobachter nicht zu unterscheiden.
anmerkung 190930
646094 183192 3
508 26 
508 „Der Raum ist nichts anders, als nur die Form aller Erscheinungen äußerer Sinne, d. i. die subjektive Bedingung der Sinnlichkeit, unter der allein­ uns äußere Anschauung möglich ist.“ (KdrV B, 42 = KA 3, 55.) „Die Zeit ist nichts anders als die Form des innern Sinnes, d. i. des Anschauens unserer selbst und unseres innern Zustandes.“ (KdrV B, 49 = KA 3, 59.)
anmerkung 190934
646098 183192 3
508 27 
508 „Die Zeit ist allerdings etwas Wirkliches, nämlich die wirkliche Form der innern Anschauung. Sie hat also subjektive Realität in Ansehung der innern Erfahrung“ (KdrV B, 53 = KA 3, 62).
anmerkung 190938
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Anmerkungen

Herausgeberkorrekturen am Drucktext

Marginalien zur sechsten Auflage

Anmerkungen von Lichtenberg

Registereinträge

0 183192 Verzeichnis der edierten Handschriften ~ NL VII D 2 ~ Bl. 4. 30017 3 137 13 4r siehe Gesamtregister.
0 183192 Verzeichnis der edierten Handschriften ~ NL VII D 2 ~ Bl. 5. 30018 3 137 32 5r siehe Gesamtregister.
0 183192 Sachregister ~ Geschwindigkeit. 2917 3 137 34-35 lichtenberg 1 Der Begriff von Raum und Zeit führt auf den von Geschwindig- keit . siehe Gesamtregister.
0 183192 646098 Personenregister ~ Kant, Immanuel ~ Schriften ~ Critik der reinen Vernunft (1781) ~ 21787. 7078 3 508 26 KdrV B KdrV B siehe Gesamtregister.
0 183192 646102 Personenregister ~ Kant, Immanuel ~ Schriften ~ Critik der reinen Vernunft (1781) ~ 21787. 7078 3 508 27 KdrV B siehe Gesamtregister.
0 183192 646091 Personenregister ~ Kant, Immanuel ~ Schriften ~ Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft (1786) ~ Hrsg. von K. Pollok 1997. 7080 3 507 23 MAdN siehe Gesamtregister.
0 183192 Sachregister ~ Philosophie, neue (Kant) ~ Bewegung. 15980 3 137 1-3 lichtenberg 1 daß man eigentlich nur sagen kan, daß eine Bewegung vorgegan- gen sey, nicht aber welcher Körper sich bewegt habe. Sonne, Erde­. siehe Gesamtregister.
0 183192 Sachregister ~ Philosophie, neue (Kant) ~ Raum. 15988 3 137 3-13 lichtenberg Dieses führt auf den Begrif von relativem und absolutem Raum. Aller erfüllte Raum ist immer relativ, denn man konte sich ausser ihm noch einen anderen dencken. Denckt man sich also einen unendlichen Raum, der sich folglich nicht weiter bewegen kan, so heißt dieses das absolute . 23 Ein Körper der im absoluten ruhte, würde absolute ruhen, hier- von können wir nicht urtheilen, dieser Raum ist kein Gegenstand der Erfahrung, sondern ein bloses Gedancken-Ding 24 Absolute ruhen und relativ sich bewegen, relative ruhen und sich absolute bewegen. (sehr leicht) 25   | 4r = c Alle Bewegung geschieht also in Raume . siehe Gesamtregister.
0 183192 Sachregister ~ Philosophie, neue (Kant) ~ Zeit. 15989 3 137 16-33 lichtenberg Zeit ist die Vorstellung vom continuirlichen Nacheinander seyn , so wie die vom Raume vom Nebeneinander seyn. Die neuere Philosophie hat es ebenfalls mehr als wahrscheinlich gemacht, daß die Zeit eben so etwas für den inneren Sinn ist, wie der Raum für den äusseren. Wir können uns eben so wenig einen Gegenstand des inneren Sinns, ausser der Zeit dencken, als einen des äussern ausser dem Raume. – Nach ihr ist also die Zeit nichts, dem objective Realität zu kömmt, sondern blos Form un- serer Sinnlichkeit und zwar des innern Sinnes, ohne diesen wäre keine Zeit, so wie ohne jenen kein Raum. Analogie zwischen beyden hat auch der gemeine Menschenver- stand schon ausgefunden wir sagen ZeitRaum, spatium temporis pp in allen Sprachen. Aber nicht Raum=Zeit, dieses rührt wohl daher, weil jede Erfahrung des äusseren Sinnes auch zugleich unsern­ Innern verändert und also die Form der Zeit annimmt, al- lein nicht umgekehrt.  | 5r = d Allein dem sey nun wie ihm wolle, wir wissen was Zeit ist. Für uns hat die Zeit als Erscheinung Realität siehe Gesamtregister.
0 183192 646092 Personenregister ~ Weber, Joseph ~ Schriften ~ Vorlesungen aus der Naturlehre (1793). 7720 3 507 24 Weber (Vorlesungen 1, 1793 siehe Gesamtregister.
1436171398575

Abbildungen

Digitalisate

< 0183192313701handschriftVNat_3VII-D2-03r.jpg3r = b VII D 2, 3r = b >
018319231371301handschriftVNat_3VII-D2-04r.jpg4r = c VII D 2, 4r = c
018319231373201handschriftVNat_3VII-D2-05r.jpg5r = d VII D 2, 5r = d
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