Georg Christoph Lichtenberg

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Seite 203

Band 3 - IV. Statik und Mechanik - Heffte

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1 men seyn.144 Denn würcklich wenn man aus der Theorie der
2 Centralkräffte dasjenige wegnimmt, was mehr zum Luxus gehört
3 oder die feinen Umstände, die zu Verbesserungen der Tafeln
4 nöthig sind, so läßt sich das übrige ohne Fluxion darthun,145
5 verschiedene Versuche sind auch schon gemacht, (dahin gehört
6 auch Baxter146 πμ)
7 p. 415 seqq.147
8 Mit einem Wort es läßt sich durch die Elementar-Geometrie er-
9 weißen, daß alle Keplersche und Newtonische Gesetze, daraus
10 folgen, | 35r = 3wenn man solch[e] Atom. gravifiques gegen Mittelpunck-
11 te ströhmen läßt, (oder eine parallele Bewegung derselben nach
12 allen Richtungen annimmt.) Zumal, wenn man sich bequem der
13 Polygone statt der Kreise u. s. w. bedient.148
14 §. XVII Nun beweißt der HE le S. das Galiläische Gesetz. Theil-
15 chen die sich so geschwinde und noch geschwinder als das Licht
16 bewegen, werden eben so auf einen Körper würcken, der 4
17 Secunden gefallen ist, als auf einen der es erst 2" ist. – Ja die
18 Geschwindigkeit des Schalles wäre schon hinreichend, er ist
19 nemlich 34 mal Geschwinder, als ein Körper der 1" secunde ge-
20 fallen ist, und 17 mal als einer der 2" gefunde[!] gefallen ist, so
21 daß also am Ende einer Secunde die Beschleunigung um Bild im Text" ge-
22 ringer wäre als sie würcklich sind, und nach 2" Bild im Text u. s. w. Eine
23 Abnahme die sich in einer so kurtzen Zeit nicht bemercken las-
24 sen, worin man selbst die stärcksten Beobachtungen hat an-
25 stellen müssen. Nun aber ist das Licht 900,000 mal geschwinder
26 als der Schall. – Und würcklich hat das Discontinuirliche hierin
27 sehr vieles voraus vor dem gewöhnlichen Vortrage, da man die
28 Zeiten unendlich klein an[n]immt, die man sich nicht dencken
29 kan. Hier geht die Beschleunigung stoßweise vor, und die Zeiten
30 sind endlich nemlich dem Intervalle zwischen zwei Stößen der
31 schwermachenden Materie gleich.149
32 §. XVIII. Und Galiläus selbst ist ja gewisser Massen von einer
33 Hypothese ausgegangen. (S. le S. Note zu diesem §.).150 Denn
34 daß die Bewegung continuirlich beschleunigt werde kan ja nicht

Textkritischer Kommentar

203 5 – 6  (dahin gehört auch Baxter πμ)]
203erg.
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203 10  wenn]
203für daß
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203 11  parallele]
203erg.
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203 33  le S.]
203für die
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Textkritischer Kommentar (Randtext)

Anmerkungen

560 144 
560 Lesage glaubt, die Alten hätten imstande sein müssen, eine Theorie der Zentralkräfte zu entwickeln, da sie ja genügend Ausdauer und Scharfsinn besaßen „pour découvrir, & pousser fort loin, les admirables doctrines des Incommensurables & de l’Exhaustion“ (Lucrèce 1782, §S. 415).
anmerkung 191407
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560 145 
560 Auch Newton kommt ohne Fluxionsrechnung aus, also ohne die von ihm entwickelte Form der Infinitesimalrechnung; er bedient sich vielmehr der Mittel der klassischen Geometrie. Zum Verständnis des dritten Buches seiner ‚Principia‘ – der Himmelsmechanik – reiche es aus, die ersten 60 Seiten des ersten Buches zu studieren: „At ye first perusal of my Book it’s enough if you unterstand ye Propositions wth some of ye Demonstra­tions whch are easier then the rest“, hat Newton für seinen Freund Richard Bentley notiert. „When you have reade ye first 60 pages, pass on to the 3d Book.“ Und das mathematische Rüstzeug dazu? „Next after Euklid’s Elements the Elements of the Conic sections are to be unterstood“ (Newton, Correspondence 3, 1961, §S. 155 f.).
anmerkung 191408
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560 146 
560 L. meint Andrew Baxter, ‚Matho: or, the Cosmotheoria Puerilis‘. Die Formulierung im ausführlicheren Titel: „Hence the Principles of Natural Religion are deduced“, zeigt die erzieherische Absicht dieser faßlichen Dar|
561stellung Newtonscher Lehren. – „Lichtenberg gerieth auf dieses Buch in der Göttingschen Bibliothek“, so berichtet Gamauf in den ‚Erinnerungen aus Lichtenbergs Vorlesungen über Astronomie‘ (Gam 4, §S. 208), „als er Lord Holler [richtig: Polwarth] nachmaligen Lord Hume, der in Göttingen studierte, Unterricht gab“. – L. besaß später die 3. Auflage von Baxters Werk (BL 1431) und hat es auch für die Vorlesung genutzt; NL IX F, Bl. 123r enthält „Baxters Beweiß des Keplerischen Satzes: daß die Quadrate der Umlaufs­-Zeiten sich verhalten wie die Cubi der mittleren Entfernungen“. Ein Beweis, „der freylich nicht ganz stringent ist, aber durch den man sich doch schon selbst weiter forthelfen kann“ (Gam 4, §S. 207 f.).
anmerkung 191410
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561 147 
561 Auf S. 415 f. (§ 16) macht Lesage die „Lecteurs médiocrement instruits­“ auf die (Lehr-)Sätze der Newtonschen ‚Principia‘ aufmerksam, aus denen die Keplerschen Gesetze folgen. In Lib. 1, Sect. 2, Prop. 1 demon­striert Newton, daß unter der Voraussetzung, daß die Schwere der Planeten stets gegen denselben Punkt (den Mittelpunkt der Sonne) gerichtet ist, das zweite Keplersche Gesetz (die Konstanz der Flächengeschwindigkeit) folgt. Das dritte Keplersche Gesetz, die Proportionalität zwischen dem Quadrat der Umlaufszeiten der Planeten und der dritten Potenz ihrer (mittleren) Abstände­ von der Sonne, leitet Newton in Lib. 1, Sect. 2, Prop. 4, Coroll. 6 der ‚Principia‘ – allerdings nur für Kreisbahnen – aus dem Satz ab, daß die Schwere umgekehrt proportional zum Quadrat des Abstandes ist. (NB. Eine vollständige Deduktion des Gravitationsgesetzes aus den Keplerschen Gesetzen und umgekehrt, der Keplerschen Gesetze aus dem Gravitationsprinzip, gelingt Newton mit seiner geometrischen Methode nicht; dies leistet erst Laplace in seiner ‚Mécanique céleste‘ mit Hilfe der Infinitesimalrechnung.)
anmerkung 191411
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561 148 
561 Weil solche regelmäßigen Polygone „représentent mieux que ne font des cercles rigoureux, les orbites que parcourent des corps détournés de leurs routes par des chocs interrompus“, wie Lesage ebenfalls im § 16 ausführt (Lucrèce 1782, §S. 416; vgl. dazu auch Anm. 143).
anmerkung 191414
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561 149 
561 An die Stelle einer kontinuierlichen Beschleunigung tritt in Lesages Theorie eine diskontinuierliche; dabei erfährt der fallende Körper bei jedem Stoß durch die Corpuscules gravifiques eine Geschwindigkeitszunahme und fällt dann bis zum nächsten Stoß mit gleichförmiger Geschwindigkeit weiter. Für die Stöße ist jeweils nur die relative Geschwindigkeit, also die Differenz zwischen der Geschwindigkeit der Corpuscules gravifiques und der des fallenden Körpers maßgebend. Wegen der extremen Geschwindigkeit der Corpuscules gravifiques spielt für deren Einwirkung auf den fallenden Körper dessen Geschwindigkeitszunahme keine Rolle. Eine beobachtbare bzw. meßbare Abweichung von Galileis Fallgesetz ergäbe sich erst bei sehr großen Fallstrecken bzw. sehr langen Fallzeiten. – Anders als L. war A. G. Kästner von Lesages Überlegungen gar nicht angetan (Prüfung 1776, §S. 559): „Was Herr le Sage dem galiläischen Geseze entgegen stellt, läst sich also etwa folgendergestalt­ ausdrucken: Es giebt gewisse kleine Zeittheilchen von bestimm­ter Grösse, man weis aber nicht wie groß; am Anfange jedes solchen Zeittheilchens, und sonst nie, stöst einen fallenden Körper etwas, man|
562 weis aber nicht was, auch nicht wie stark; so geht er, in dieser unbekannten Zeit, einen Weg, man weis nicht wie weit. Und nun fällt er ferner nicht nach dem Gesez, das die Leute wollen erfahren haben, sondern nach einem ganz andern, das sich aber durch die Erfahrung nicht als von jenem unterschieden erkennen läst.“
anmerkung 191415
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562 150 
562 „Sollte sich zeigen“, so heißt es in der von Lesage zitierten Galilei-Stelle, „dass die später zu besprechenden Erscheinungen mit der Bewegung der beschleunigt fallenden Körper übereinstimmen, so werden wir annehmen dürfen, dass unsere Definition den Fall der schweren Körper umfasst und dass es wahr sei, dass ihre Beschleunigung proportional der Zeit sei, so lange die Bewegung andauert“ (Galilei, Unterredungen 1973, §S. 153). Galileis Definition der beschleunigten Bewegung aber lautete: „Gleichförmig oder einförmig beschleunigte Bewegung nenne ich diejenige, die von Anfang an in gleichen Zeiten gleiche Geschwindigkeitszuwüchse ertheilt [Motum aequabiliter, seu uniformiter, accelleratum dico illum, qui, a quiete recedens, temporibus aequalibus aequalia celeritatis momenta sibi superaddit]“ (ebd., §S. 148 [Discorsi 1898, §S. 198]).
anmerkung 191417
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Anmerkungen

Herausgeberkorrekturen am Drucktext

Marginalien zur sechsten Auflage

Anmerkungen von Lichtenberg

Registereinträge

0 183261 Verzeichnis der edierten Handschriften ~ NL VIII A 2 ~ Bl. 35/36. 30054 3 203 10 = 3 wenn man solch[e] Atom. gravifiques gegen Mittelpunck- siehe Gesamtregister.
0 183261 Sachregister ~ Attraktion ~ Ursache ~ Lesage. 2121 3 203 1-31 lichtenberg 1 men seyn. 144 Denn würcklich wenn man aus der Theorie der Centralkräffte dasjenige wegnimmt, was mehr zum Luxus gehört oder die feinen Umstände, die zu Verbesserungen der Tafeln nöthig sind, so läßt sich das übrige ohne Fluxion darthun, 145 verschiedene Versuche sind auch schon gemacht, (dahin gehört auch Baxter146 πμ) p.   415 seqq. 147 Mit einem Wort es läßt sich durch die Elementar-Geometrie er- weißen, daß alle Keplersche und Newtonische Gesetze, daraus folgen,  | 35r = 3 wenn man solch[e] Atom. gravifiques gegen Mittelpunck- te ströhmen läßt, (oder eine parallele Bewegung derselben nach allen Richtungen annimmt.) Zumal, wenn man sich bequem der Polygone statt der Kreise u. s. w. bedient. 148 §. XVII  Nun beweißt der HE le S. das Galiläische Gesetz. Theil- chen die sich so geschwinde und noch geschwinder als das Licht bewegen, werden eben so auf einen Körper würcken, der 4 Secunden gefallen ist, als auf einen der es erst 2 " ist. – Ja die Geschwindigkeit des Schalles wäre schon hinreichend, er ist nemlich 34 mal Geschwinder, als ein Körper der 1 " secunde ge- fallen ist, und 17 mal als einer der 2 " gefunde[!] gefallen ist, so daß also am Ende einer Secunde die Beschleunigung um " ge- ringer wäre als sie würcklich sind, und nach 2 " u. s. w. Eine Abnahme die sich in einer so kurtzen Zeit nicht bemercken las- sen, worin man selbst die stärcksten Beobachtungen hat an- stellen müssen. Nun aber ist das Licht 900,000 mal geschwinder als der Schall. – Und würcklich hat das Discontinuirliche hierin sehr vieles voraus vor dem gewöhnlichen Vortrage, da man die Zeiten unendlich klein an[n]immt, die man sich nicht dencken kan. Hier geht die Beschleunigung stoßweise vor, und die Zeiten sind endlich nemlich dem Intervalle zwischen zwei Stößen der schwermachenden Materie gleich. siehe Gesamtregister.
0 183261 Personenregister ~ Baxter, Andrew ~ Schriften ~ Matho; sive, Cosmotheoria puerilis (1738). 6408 3 203 6 lichtenberg Baxter siehe Gesamtregister.
0 183261 646574 Verweise ~ Vorlesungsnotizen ~ Hefte NL IX F. 1083 3 561 146 NL IX F siehe Gesamtregister.
0 183261 Sachregister ~ Fallbewegung ~ Gesetz ~ aus Lesages Schweretheorie hergeleitet. 19013 3 203 14 lichtenberg Galiläische Gesetz siehe Gesamtregister.
0 183261 Sachregister ~ Gesetz ~ Newtonsches (Gravitation) ~ folgt aus Lesages Theorie der Schwere. 20529 3 203 9 lichtenberg Newtonische Gesetze siehe Gesamtregister.
0 183261 646581 Personenregister ~ Galilei, Galileo ~ Schriften ~ Discorsi e dimostrazioni mathematiche, intorno a due nuove scienze (1638) ~ Unterredungen und Demonstrationen über zwei neue Wissenszweige (dt. von A. v. Oettingen 1890; Nachdruck 1973). 6824 3 562 150 Galilei, Unterredungen 1973 ebd siehe Gesamtregister.
0 183261 Personenregister ~ Galilei, Galileo ~ Fallbewegung. 5720 3 203 32 lichtenberg Galiläus siehe Gesamtregister.
0 183261 646574 Verweise ~ Gamaufs Erinnerungen aus Lichtenbergs Vorlesungen ~ Astronomie ~ 208. 18425 3 561 146 Gam 4, §S.  208 siehe Gesamtregister.
0 183261 646574 Verweise ~ Gamaufs Erinnerungen aus Lichtenbergs Vorlesungen ~ Astronomie ~ 207. 18426 3 561 146 Gam 4, §S.  207 siehe Gesamtregister.
0 183261 Sachregister ~ Mathematik ~ Fluxionsrechnung. 20357 3 203 4 lichtenberg Fluxion siehe Gesamtregister.
0 183293 646579 Personenregister ~ Kästner, Abraham Gotthelf ~ Schriften ~ Prüfung eines von Hrn. le Sage angegebenen Gesetzes für fallende Körper (1776). 5792 3 561 149 Prüfung 1776 siehe Gesamtregister.
0 183261 Sachregister ~ Planetenbewegung ~ Keplersche Gesetze ~ aus Lesages Theorie hergeleitet. 20454 3 203 9 lichtenberg Keplersche siehe Gesamtregister.
0 183261 646575 Personenregister ~ Laplace, Pierre Simon de ~ Schriften ~ Traité de mécanique céleste (1798–1825). 16701 3 561 147 Laplace in seiner ‚Mécanique céleste‘ siehe Gesamtregister.
0 183261 Personenregister ~ Lesage, George-Louis ~ Schriften ~ Lucrèce Newtonien (1782). 5764 3 203 7-33 lichtenberg p.   415 seqq. (S. le S. Note zu diesem §.) siehe Gesamtregister.
0 183261 646571 Personenregister ~ Lesage, George-Louis ~ Schriften ~ Lucrèce Newtonien (1782). 5764 3 560 144 Lucrèce 1782 siehe Gesamtregister.
0 183261 646578 Personenregister ~ Lesage, George-Louis ~ Schriften ~ Lucrèce Newtonien (1782). 5764 3 561 148 Lucrèce 1782 siehe Gesamtregister.
0 183261 Personenregister ~ Lesage, George-Louis ~ Theorie der Schwere. 16019 3 203 14 lichtenberg le S. siehe Gesamtregister.
0 183261 646574 Personenregister ~ Lichtenberg, Georg Christoph ~ Biographisches ~ Bibliothek ~ Baxter, Cosmotheoria puerilis (31765). 20360 3 561 146 L. besaß später die 3. Auflage von Baxters Werk (BL 1431) siehe Gesamtregister.
0 183261 Personenregister ~ Lichtenberg, Georg Christoph ~ Biographisches ~ gez. πμ ~ Mechanik. 31748 3 203 6 lichtenberg πμ ) siehe Gesamtregister.
0 183261 646572 Personenregister ~ Newton, Isaac ~ Schriften ~ Philosophiae naturalis principia mathematica (1687). 5072 3 560 145 des dritten Buches seiner ‚Principia‘ siehe Gesamtregister.
0 183261 646575 Personenregister ~ Newton, Isaac ~ Schriften ~ Philosophiae naturalis principia mathematica (1687). 5072 3 561 147 Newtonschen ‚Principia‘ siehe Gesamtregister.
0 183261 646572 Personenregister ~ Newton, Isaac ~ Schriften ~ The correspondence. Edited by H.W. Turnbull (1959–1977). 7411 3 560 145 Newton, Correspondence 3, 1961 siehe Gesamtregister.
0 183261 646572 Personenregister ~ Bentley, Richard ~ Brief von Newton. 20359 3 560 145 Richard Bentley siehe Gesamtregister.
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183273528f876a39875533674215
183287528f877300dda362569248
183293528f877682f59579673689
183294528f877702e18790172369
1437036560268

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