Georg Christoph Lichtenberg

  • Start
  • Bände
  • Register
  • Suche
  • Hilfe
Seite 243

Band 3 - IV. Statik und Mechanik - Heffte

183300
183302
3
0
1 Nr. 18 VIII A 3, 1r
2 1rad §. 129.269
3 Wenn ein elastischer Körper auf einen andern elastischen Stößt,
4 so fährt das Zusammendrücken bis zu dem Augenblick fort, da
5 sie gleiche Geschwindigkeit erhalten; In diesem Augenblick, der
6 der Augenblick der Relativen Ruhe ist, fangen sich die Elastici-
7 täten an zu entwickeln und da dienen sie sich einen Augenblick
8 wechselsweiße zum Unterstützungspunckt, und fahren von ein-
9 ander, keiner kan dem andern nachstoßen, denn der andere
10 weicht eben so schnell aus, als der andre nachfahrt, (nehmlich
11 mit seiner Ausdehnung).270 NB. Gesetze vom Stoße elastischer
12 Körper gegen endliche harte kenne ich nicht (Kästner)271, die
13 Untersuchung mögte auch wenn sie nicht von Seiten der Analyse
14 merckwürdig wäre, sehr unnütz seyn, nur den Fall ausgenom-
15 men, da der harte Körper unendlich wäre. HE. Bürja hat sie.272
16 An der Gräntze der Zusammendrückung können sie würcklich
17 als hart angesehen werden, und ob der kleinere seinen Unterstüt-
18 zungs Punckt auf einem harten oder elastischen nimmt, ist einer-
19 ley. Auch die gantze Zusammendrückung der Theile durch jenen
20 Stoß ist bewürckt worden, so kan die Auswicklung jener Federn
21 ja nicht mehr thun als die Krafft, wodurch sie ist bewürckt wor-
22 den, im aller höchsten Fall273 |
23 Nr. 19 VIII A 1, 1r – 2r
24 2rVor (A).
25 Wir haben keinen anderen Weg der Schätzung von Kräfften, als
26 den der Geschwindigkeit, wenn alles übrige gleich ist,
27 Also, wenn die Schwere durch A sich zu der durch B verhält, wie
28 B : A Bild im Text so werden auch die Räume, die beyde Kör-
29 per in gleichen Zeiten [durchlaufen, sich] verhalten wie B : A,
30 das ist der Raum den der Cörper durch A durchläuft wird sich
31 zu dem durch B verhalten wie A : B also wird der Körper durch

Textkritischer Kommentar

243 8  wechselsweiße]
243davor gestr. zum
textkritik 191688
646852 183301 3
243 11  NB.]
243erg. unterhalb der voranstehenden geklammerten Passage
textkritik 191690
646854 183301 3
243 12  (Kästner)]
243erg.
textkritik 191691
646855 183301 3

Textkritischer Kommentar (Randtext)

Anmerkungen

579 269 
579 „Vom Stoße der Körper“ handelt Erxleben in seiner ‚Naturlehre‘ in § 117 – 137; in § 129 geht es um den Stoß zweier elastischer Körper, von denen der eine ruht (ErxH, 141): „Wäre der ruhende elastische Körper sehr groß von Masse, oder dergestalt befestigt, daß er ebenso anzusehen wäre […], so muß dennoch der daran stoßende Körper ruhen, sobald der Stoß geschehen ist.“ Dazu merkt L. in einer Note an (ebd.): „In der letzten Hälfte des §. scheint Hr. E. sich nur den ruhenden Körper als unendlich zu denken, den anstoßenden aber nicht; und ist dieses, so ist der Schluß falsch, denn der anstoßende Körper wird alsdann mit der Geschwindigkeit zurückfahren, mit der er angestoßen hat.“ –Der besseren Übersicht werden im Folgenden einige allgemeine Bemerkungen über den Stoß der Körper vorangestellt, die im Wesentlichen der Darstellung von A. Föppl, ‚Technische Mechanik‘ (1, 1920, §S. 315 – 326) folgen:Betrachtet werden soll hier der gerade und zentrale Stoß zweier Kugeln der Massen m1 und m2; die Kugeln sollen reibungsfrei gleiten, und nur eine Translationsbewegung und keine Drehbewegung haben. Der Stoßprozeß beginnt, wenn sich beide (in einem Punkte) berühren. Die durch diesen Punkt gehende Berührungsebene zwischen beiden heißt Stoßebene, die im Berührungspunkte auf dieser Ebene errichtete und auf ihr senkrecht stehende Gerade heißt Stoßnormale. Der Stoß soll gerade und zentral erfolgen. Er ist gerade, wenn die Richtung der Bewegung mit der Stoßnormalen zusam|
580menfällt, zentral, wenn die Stoßnormale durch die Schwerpunkte (= Mittelpunkte) der beiden Kugeln geht. Beim Stoß sind zwei Stoßperioden zu unterscheiden: In der ersten Periode wächst der Stoßdruck bis zur maximalen Abplattung der Kugeln, dann ist die Relativgeschwindigkeit = 0 und beide bewegen sich gemeinsam mit der Geschwindigkeit u fort. Haben sich die beiden Kugeln vor dem Stoß mit den Geschwindigkeiten v1 und v2 (Relativgeschwindigkeit Bild im Text) bewegt, dann gilt, wegen der Erhaltung der Bewegungsgröße: Bild im Text, d. h.Bild im Text (wenn beide in die gleiche Richtung laufen),Bild im Text (wenn beide in entgegengesetzte Richtungen laufen).Die kinetische Energie ist vor dem Stoß Bild im Text und am Ende des Stoßes Bild im Text.Die Differenz der kinetischen Energien vor und nach dem Stoß ist der Energieverlust auf Grund der Formänderung der stoßenden Körper.Sind die stoßenden Körper völlig unelastisch, ist der Stoß damit beendet. Sind sie dagegen vollständig elastisch, ist die Formänderung vollständig reversibel. Damit beträgt die Geschwindigkeitsänderung Bild im Text bzw. Bild im Text, sodaß für die Geschwindigkeiten nach dem StoßprozeßBild im Text und Bild im Text gilt.Die Nichtelastizität kann man mit einem Restitutionskoeffizienten ε definieren (ε = 1 bei vollständig elastischen und ε = 0 bei völlig unelastischen Körpern). Dann ergibt sichBild im Text und Bild im TextBild im Text und Bild im Text
anmerkung 191687
646851 183301 3
580 270 
580 Vgl. dazu die vorangehende Anm.
anmerkung 191689
646853 183301 3
580 271 
580 „Ein Körper heisst hart“, erklärt Kästner (Anfangsgründe 4.1, 1793, §S. 473 f.), „wenn er durch den Druck oder Stoß seine Gestalt, die Lage seiner Theile gegen einander nicht ändern lässt; weich, wenn er dieses gestattet, und die Theile alsdenn in der Lage gegen einander bleiben, in welche sie durch äuserliche Gewalt sind gebracht worden; elastisch (federhart), wenn sich die Lage der Theile und die Gestalt ändern lassen, aber nachgehends beydes sich wieder so herstellt, wie es vor dem Stosse gewesen ist.“ – Kästner diskutiert den Stoß vollkommen unelastischer (die vollkommen hart oder vollkommen weich sein können) und vollkommen elastischer Körper in allen Variationen. Der Unterschied läßt sich am Fall zweier Körper|
581 gleicher Masse klarmachen, die einander mit entgegengesetzt gleicher Geschwindigkeit gerade und zentral stoßen. Sind sie vollkommen unelastisch, so bleiben sie nach dem Zusammenstoß unbeweglich liegen, bei den harten geschieht das plötzlich, bei den weichen geschieht der Übergang von der Bewegung zur Ruhe nach und nach, weil sie ihre Form langsamer verändern. Sind sie vollkommen elastisch, so ist die Folge zunächst eine Veränderung der Form, durch ihre Elastizität gewinnen sie aber ihre vorherige Form zurück­ und laufen dadurch mit den Geschwindigkeiten die sie vor dem Zusammenstoß­ hatten, aber in entgegengesetzter Richtung auseinander. – Euler (Force 1745, §S. 37) bestreitet die Existenz vollkommen harter Körper: „Car s’il y avoit des corps parfaitement durs, leur collision devroit réellement s’éxecuter dans un instant, et le changement de leur état seroit subit et arriveroit par saut, ce qui répugne à l’ordre de la nature.“
anmerkung 191692
646856 183301 3
581 272 
581 Abel Bürja betrachtet auch Stöße zwischen unvollkommen elastischen Körpern. „In den Schriften, die vom Stoße der Körper handeln“, bemerkt er (Bürja, Grundlehren 3, 1791, §S. 106), „werden die unvollkommen elastischen fast ganz übergangen, oder doch nur ganz flüchtig berühret. Ich habe nirgends weder Räsonnements noch Versuche angetroffen, die sich auf den Fall der ungleichen Elastizität beziehen […]. Da die meisten Körper in der Welt eine unvollkommene Elastizität haben, so ist zu bewundern, daß ein so häufig vorkommender Fall so wenig untersuchet worden ist.“ Bürja sieht sich daher gezwungen, Zuflucht zu einer Hypothese zu nehmen: „Wenn zwei unvollkommen elastische Körper an einander stoßen, so hängt die nach dem Stoße entstehende Geschwindigkeit beider Körper bloß von dem Grade der Elastizität desjenigen Körpers ab, der am meisten Elastizität hat.“
anmerkung 191693
646857 183301 3
581 273 
581 Das ist wohl von Bürja übernommen, der so argumentiert (ebd., §S. 101): „man kann die elastischen Theilchen, die bei dem Stoße zusammengedrücket werden, als lauter kleine Springfedern (ressorts) betrachten. […] Sind sie vollkommen elastisch, so können sie, nachdem sie zusammengedrücket worden, weiter nichts thun, als den Körper, oder die Körper durch welche sie zusammen gepresset worden, in entgegengesetzter Richtung mit derselbigen Quantität der Bewegung zurückzutreiben, die zum Eindrücken angewandt worden.“
anmerkung 191694
646858 183301 3

Anmerkungen

Herausgeberkorrekturen am Drucktext

Marginalien zur sechsten Auflage

Anmerkungen von Lichtenberg

Registereinträge

0 183301 Verzeichnis der edierten Handschriften ~ NL VIII A 3 ~ Bl. 1. 30086 3 243 2 1r siehe Gesamtregister.
0 183301 Verzeichnis der edierten Handschriften ~ NL VIII A 1 ~ Bl. 2. 30088 3 243 24 2r siehe Gesamtregister.
0 183301 Personenregister ~ Burja, Abel ~ Schriften ~ Grundlehren aller mechanischen Wissenschaften (1789–1792). 6531 3 243 15 lichtenberg HE. Bürja hat sie. siehe Gesamtregister.
0 183301 646858 Personenregister ~ Burja, Abel ~ Schriften ~ Grundlehren aller mechanischen Wissenschaften (1789–1792). 6531 3 581 273 ebd siehe Gesamtregister.
0 183301 Verweise ~ Kompendium ~ § 129. 29687 3 243 2 lichtenberg ad §. 129 siehe Gesamtregister.
0 183301 646856 Personenregister ~ Euler, Leonhard ~ Schriften ~ De la force de percussion et de sa veritable mesure (1745). 6734 3 581 271 Euler (Force 1745, §S.  37) siehe Gesamtregister.
0 183301 Sachregister ~ Kraft ~ lebendige ~ Schätzung. 19806 3 243 25 lichtenberg Schätzung von Kräfften siehe Gesamtregister.
0 183301 Personenregister ~ Kästner, Abraham Gotthelf ~ Schriften ~ Mathematische Anfangsgründe (1758– u.ö.) ~ Anfangsgründe der höhern Mechanik (1766 u.ö.) ~ 21793. 5633 3 243 12 lichtenberg Kästner siehe Gesamtregister.
0 183301 Sachregister ~ Schwere ~ relative bei der Schiefen Ebene. 19149 3 243 27-31 lichtenberg 1 Also, wenn die Schwere durch A sich zu der durch B verhält, wie B : A so werden auch die Räume, die beyde Kör- per in gleichen Zeiten [durchlaufen, sich] verhalten wie B : A , das ist der Raum den der Cörper durch A durchläuft wird sich zu dem durch B verhalten wie A : B also wird der Körper durch siehe Gesamtregister.
0 183301 Sachregister ~ Stoß ~ elastischer Körper. 4481 3 243 3-22 lichtenberg Wenn ein elastischer Körper auf einen andern elastischen Stößt, so fährt das Zusammendrücken bis zu dem Augenblick fort, da sie gleiche Geschwindigkeit erhalten; In diesem Augenblick, der der Augenblick der Relativen Ruhe ist, fangen sich die Elastici- täten an zu entwickeln und da dienen sie sich einen Augenblick wechselsweiße zum Unterstützungspunckt, und fahren von ein- ander, keiner kan dem andern nachstoßen, denn der andere weicht eben so schnell aus, als der andre nachfahrt, (nehmlich mit seiner Ausdehnung). 270 NB. Gesetze vom Stoße elastischer Körper gegen endliche harte kenne ich nicht (Kästner) 271 , die Untersuchung mögte auch wenn sie nicht von Seiten der Analyse merckwürdig wäre, sehr unnütz seyn, nur den Fall ausgenom- men, da der harte Körper unendlich wäre. HE. Bürja hat sie. 272 An der Gräntze der Zusammendrückung können sie würcklich als hart angesehen werden, und ob der kleinere seinen Unterstüt- zungs Punckt auf einem harten oder elastischen nimmt, ist einer- ley. Auch die gantze Zusammendrückung der Theile durch jenen Stoß ist bewürckt worden, so kan die Auswicklung jener Federn ja nicht mehr thun als die Krafft, wodurch sie ist bewürckt wor- den, im aller höchsten Fall siehe Gesamtregister.
0 183301 646851 Sachregister ~ Stoß ~ gerader. 4482 3 579 269 gerade und zentrale Stoß siehe Gesamtregister.
0 183301 646851 Personenregister ~ Föppl, August ~ Schriften ~ Vorlesungen über technische Mechanik (1897–1910 u.ö.). 6776 3 579 269 A. Föppl, ‚Technische Mechanik‘ (1, 1920, §S.  315 – 326) siehe Gesamtregister.
183248528f8757660ab400634755
183308528f87841238c781046435
183312528f878960e2c338868183
183312528f878960efb598344549
1441880722070

Abbildungen

Digitalisate

< 0183301324301handschriftVNat_3VIII_A2_06v.jpg6v VIII A 2, 6v >
01833013243201handschriftVNat_3VIII_A3_01r.jpg1r VIII A 3, 1r
018330132432401handschriftVNat_3VIII_A1_02r.jpg2r VIII A 1, 2r
Vorherige Seite Gehe zu
Seite
Nächste Seite
  • Impressum
  • Akademie der Wissenschaften zu Göttingen