Georg Christoph Lichtenberg

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Seite 174

Band 4 - IX. Von der Wärme und Kälte - Heffte

200803
200805
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0
1 Suvigny (Mem. de Mathematique et de Physique) trägt folgende Hy-
2 pothese vor.255 Woraus besteht Alaun?256 das Feuer befreyt die
3 flüchtige Vitriol Säure von ihrem Thon, diese verbindet sich mit
4 dem brennbaren macht Schwefel und geht so fort Dieses sieht
5 man deutlich. Doch bleibt einige freye Vitriol Säure noch mit
6 dem Thon verbunden und nicht aller Schwefel geht fort. Diese
7 freye Vitriolsäure zieht die Feuchtigkeit aus der Lufft an, erhizt
8 sich mit ihr und entzündet den Schwefel und andere Brennbare
9 Sachen, die [sich] mit dem Pulver verbinden257 Macquer hat die-
10 se Hypothese sehr in seinem Wörter buch unterstüzt258 auch HE.
11 Prof. Erxleben in seiner Chymie: Allein HE. Wiegleb in einer
12 Note macht ihm das Compliment, daß es die schlechteste unter
13 allen wäre.259 HE. Bewly, der gefunden hat, daß man mit rau-
14 chendem Salpeter Geist auch verdorbenen oder auch noch nicht
15 reifen Pyrophorus zünden kan glaubt, der Pyrophorus fälle die
16 Salpetersäure aus der Lufft, da sie sicherlich ein Bestandtheil der-
17 selben ist. Hierdurch entstehe eine Endzündung,260 etwa so wie
18 sie entsteht wenn Salpeter Saure in wesentliche Oele261 gegossen
19 wird. Es scheinen doch am Ende beyde Erklärungen auf eines
20 hinauszulaufen.
21 Nr. 37VIII E 12, 12r
22 12rEntzundung von Terp. oel.
23 Die Oele erhitzen sich überhaupt alle mit den reinen, entwässer-
24 ten Säuren, und entzünden sich damit. Es wird dabey viel fixe
25 Lufft entwickelt, weil alle Oele Kohlenstoff enthalten. Auch zeigt
26 sich hier eine Veränderung des Agregats Zus[t]ands es entsteht
27 offenbar aus einem sehr flüssigen Wesen ein Hartz. Dieses ist
28 wohl dem Sauerstoffe zuzuschreiben denn in der dephlogisti-
29 sirten Saltzsaure262 verwandeln sich die wesentliche[n] Oele in
30 Hartze.
31 Merckwürdig, daß
32 Schwefel=Vitriol Saure
33 Salpeter=Salpeter Säure
34 Kohle     =Kohlenstoff im Terpentin oel.
35 Schießpulver=Entzündung in den Gläsern.

Textkritischer Kommentar

174 18  wesentliche]
174erg.
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174 22  von]
174für mit
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174 31 – 35 
174LB
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Textkritischer Kommentar (Randtext)

Anmerkungen

564 255 
564 In der Zusammenfassung seiner Arbeit verspricht Suvigny durch entscheidende Experimente zu zeigen, „1.° que ce Pyrophore a les pro­priétés du foie de soufre [Schwefelleber]; 2.° où l’on donne des procédés sûrs pour composer avec tous les sels qui contiennent l’acide vitriolique, de nouveaux Pyrophores, lesquels, outre les propriétés de celui d’alun, en ont d’autres qui les caractérisent singulièrement; 3.° où l’on donne une nouvelle explication de l’inflammation spontanée du Pyrophore à l’air libre.“ (Su­vigny, Théorie 1760, 180.)
anmerkung 220185
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564 256 
564 „Der Alaun“, schreibt Macquer (Wörterbuch 1, 1788, 153), „ist ein Salz, das sich krystallisiren läßt, und aus Vitriolsäure und einer mit ihr ver­bundenen Thonerde besteht.“ – Unter Alaun ist auch hier das Doppelsalz K Al (SO4)2∙12 H2O zu verstehen.
anmerkung 220186
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564 257 
564 „on suppose que la terre calcaire de l’alun se change en chaux vive pendant l’opération, que cette chaux attire l’humidité de l’air & s’échauffe assez pour occasionner l’inflammation du pyrophore.“ (Suvigny, Théorie 1760, 200.) Gilt das gleiche auch für andere Sulfate? Suvigny experimen­tiert mit unterschiedlichen Pyrophoren, nimmt als „Vitriol“ Glaubersalz oder vitriolisierten Weinstein, nimmt Alkali in die Mischung und benutzt als vegetabilische Materie Mehl oder Kohlenstaub; jedoch „puisque des quatre principes que contient ce pyrophore, il y en a trois, savoir, l’alkali, le soufre & le charbon, qui n’ont pas la propriété d’attirer l’humidité de l’air, & de s’échauffer en conséquence, il est évident qu’on ne peut attribuer cette double propriété qu’au quatrième, qui est l’acide vitriolique, à qui d’ailleurs on ne suppose rien en cela qui ne soit très-conforme à sa nature. // On voit par-là qu’il se trouve dans le pyrophore une certaine quantité d’acide vitriolique, laquelle n’étant pas assez combinée avec le phlogistique pour former de véritable soufre, ne devient que sulfureuse, & dans cet état, étant très concentrée, attire fortement l’humidité de l’air, & s’échauffe assez pour |
565 occasionner l’inflammation de cette matière, qui, comme on l’a vû ci-dessus, est disposée à s’enflammer avec la plus grande facilité.“ (Suvigny, Théorie 1760, 201.)
anmerkung 220187
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565 258 
565 Während der Entdecker des Pyrophors, Wilhelm Homberg (1652 bis 1715), seinen Pyrophor aus einer Mischung von Alaun und Menschen­kot destillierte, bemerkte schon Lemery d. J., daß man stattdessen eine Mi­schung von Alaun und einer beliebigen vegetabilischen oder tierischen Ma­terie nehmen kann. Nun aber, so referiert Macquer, habe Lejay du Suvigny „ein in den physischen und mathematischen Wissenschaften sehr geübter Mann, der Akademie der Wissenschaften zu Paris eine Abhandlung über­geben, worinnen er dieses Verfahren auf noch allgemeinere Sätze bringt und die wahre Theorie davon angiebt. Er zeigt darinnen, daß der Alaun das einzige Salz nicht ist, womit man diese Bereitung verfertigen kann; sondern daß die meisten Salze, welche die Vitriolsäure enthalten, statt desselben ge­braucht werden können: ein Umstand, welcher über die Theorie von dieser Arbeit viel Licht verbreitet.“ (Macquer 4, 1789, 726.) – Auf den Seiten 735 – 739 führt Macquer an, was seiner Meinung nach geeignet ist, die „Erklärung, welche Herr Lejay du Suvigny in der angeführten Abhandlung giebt, zu bestätigen“ (Macquer 4, 1789, 735), während Leonhardi in den zugehörigen Fußnoten p – s (ebd., S. 734 – 739) die gegen die Theorie von Suvigny vorgebrachten Einwände vorträgt, denen er die Erklärungen ande­rer Autoren folgen läßt.
anmerkung 220188
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565 259 
565 „Am wahrscheinlichsten ist es immer, daß der Pyrophorus eine sehr concentrirte freye Vitriolsäure enthalte, die sich, indem sie die Feuchtig­keiten der Luft anzieht, mit dem Wasser so weit erhitzt, daß eine Entzün­dung des Schwefels darauf erfolgt“, schreibt Erxleben im § 379 seiner ‚Chemie‘, wobei er sich auf Suvigny beruft. Dazu merkt Wiegleb an: „Keine Theorie von der entzündbaren Eigenschaft des Pyrophorus ist grundloser als eben die hier vorstehende. Die vornehmsten übrigens hat Hr. Pr. Leon­hardi bey dem diesen Gegenstand betreffenden Artikel im Macquerischen Wörterbuche angeführt und critisch behandelt. Ein jeder kann daraus, wie ihm am wahrscheinlichsten dünkt, erwählen.“ (Erxleben, Anfangsgründe 1793, 257 f.)
anmerkung 220189
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565 260 
565 Bewley, der bemerkt, daß Pyrophore auch ohne Sulfate herzustellen sind, also Pyrophore, die „gar keine Vitriolsäure enthalten“ (Priestley, Versuche 3, 1780, 42), kommt zu folgendem Schluß: „Entweder wird der Pyrophorus durch die Feuchtigkeit entzündet, die von einigen seiner andern Bestandtheile angezogen wird; oder er hat das Vermögen, die atmosphä­rische Luft zu decomponiren, und die darinnen enthaltene salpeterartige Luft plötzlich an sich zu ziehen, und dadurch eine so starke Hitze zu erregen, daß die darinnen enthaltene phlogistische Materie davon entzündet werden kann. […] Nun schloß ich, wenn die Salpetersäure, als ein Bestandtheil der Luft, die Ursache der Entzündung wäre, so müsse ein sonst etwas unvollkommener Pyrophorus augenblicklich Feuer fangen, wenn man Salpetergeist hinzuthäte.“ (Ebd., 43 f.)|
anmerkung 220190
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566 261 
566 „Wesentliche Oele nennt man alle diejenigen, welche in einem merklichen Grade den Geruch derjenigen vegetabilischen Substanz besitzen, aus welcher sie gezogen worden sind.“ (Macquer, Wörterbuch 4, 1789, 453.) Als Beispiele nennt Macquer u. a. die Öle, die in den Schalen von Apfelsinen oder Zitrusfrüchten enthalten sind, ferner Rosen- und Terpen­tinöl. „Die wesentlichen Oele“, heißt es weiter, „sind überhaupt die ent­zündlichsten unter allen Oelen, weil sie die flüchtigsten sind, und weil sich selbige am leichtesten in Dämpfe verwandeln.“ Sie erzeugen mit Säuren harzige Gemische „oder sie entzünden sich mit selbigen, nachdem es die Natur und die Stärke der Säure mit sich bringt.“ (Ebd., 466.)
anmerkung 220192
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566 262 
566 „Das antiphlogistische System sieht diese Säure, als eine mit Sauer­stoff übersättigte Salzsäure an“, heißt es im Supplementbande des Gehler­schen Wörterbuches. (Gehler 5, 786.) Es ist offensichtlich eine Bezeichnung für die Chlorsäure (HClO3), die ein starkes Oxidationsmittel ist und ebenso wie die Salpetersäure Öle in Harze verwandelt. (Vgl. die vorangehende Anm. 261.)
anmerkung 220194
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Anmerkungen

Herausgeberkorrekturen am Drucktext

Marginalien zur sechsten Auflage

Anmerkungen von Lichtenberg

Registereinträge

0 200804 Sachregister ~ Alaun. 2037 4 174 2 lichtenberg Alaun siehe Gesamtregister.
0 200804 Verzeichnis der edierten Handschriften ~ NL VIII E 12 ~ Bl. 12. 30430 4 174 22 12r siehe Gesamtregister.
0 200804 Personenregister ~ Erxleben, Johann Christian Polykarp ~ Schriften ~ Anfangsgründe der Chemie (1775). 6722 4 174 11 lichtenberg Erxleben in seiner Chymie siehe Gesamtregister.
0 200804 745753 Personenregister ~ Gehler, Johann Samuel Traugott ~ Schriften ~ Physikalisches Wörterbuch (1787–1796) ~ Zusatz Art. Salzsäure, dephlogistisirte. 19484 4 566 262 Gehler 5, 786 siehe Gesamtregister.
0 200804 Sachregister ~ Öl(e) ~ Mischungen mit Säuren entzünden sich. 23369 4 174 23-24 lichtenberg Die Oele erhitzen sich überhaupt alle mit den reinen, entwässer- ten Säuren, und entzünden sich damit. siehe Gesamtregister.
0 200804 Sachregister ~ Öl(e) ~ enthalten Kohlenstoff. 23370 4 174 25 lichtenberg weil alle Oele Kohlenstoff enthalten siehe Gesamtregister.
0 200804 Sachregister ~ Öl(e) ~ Reaktion bei Mischung mit Salpetergeist. 23371 4 174 18-19 lichtenberg wenn Salpeter Saure in wesentliche Oele 261 gegossen wird siehe Gesamtregister.
0 200804 Sachregister ~ Schießpulver ~ Bestandteile. 22065 4 174 35 lichtenberg Schießpulver siehe Gesamtregister.
0 200804 Sachregister ~ Terpentinöl (Terpentinspiritus) ~ Entzündung. 23368 4 174 22 lichtenberg wichtig Entzundung von Terp. oel. siehe Gesamtregister.
0 200804 Sachregister ~ Vitriolöl ~ Erwärmung bei Kontakt mit (Luft)feuchtigkeit. 4730 4 174 7-8 lichtenberg erhizt sich mit ihr siehe Gesamtregister.
0 200804 Sachregister ~ Vitriolöl ~ hygroskopisch. 22439 4 174 6-7 lichtenberg Diese freye Vitriolsäure zieht die Feuchtigkeit aus der Lufft an siehe Gesamtregister.
0 200804 745749 Personenregister ~ Priestley, Joseph ~ Schriften ~ Experiments and observations on different kinds of air (1774–1777) ~ Versuche und Beobachtungen über verschiedene Gattungen der Luft (dt. von C.L. Ludwig 1778–1780). 7496 4 565 260 Priestley, Versuche 3, 1780 siehe Gesamtregister.
0 200804 Personenregister ~ Wiegleb, Johann Christian ~ Herausgeber ~ Erxleben, Anfangsgründe der Chemie ~ 31793. 8308 4 174 11-12 lichtenberg Wiegleb in einer Note siehe Gesamtregister.
0 200804 Personenregister ~ Macquer, Pierre Joseph ~ Schriften ~ Dictionnaire de chimie (21778) ~ Chymisches Wörterbuch (dt. von J.G. Leonhardi 1781–1783) ~ 21788–1791 ~ Art. Phosphorus. 19481 4 174 9-10 lichtenberg Macquer hat die- se Hypothese sehr in seinem Wörter buch unterstüzt siehe Gesamtregister.
0 200804 745745 Personenregister ~ Macquer, Pierre Joseph ~ Schriften ~ Dictionnaire de chimie (21778) ~ Chymisches Wörterbuch (dt. von J.G. Leonhardi 1781–1783) ~ 21788–1791 ~ Art. Alaun. 19482 4 564 256 Wörterbuch 1, 1788 siehe Gesamtregister.
0 200832 745751 Personenregister ~ Macquer, Pierre Joseph ~ Schriften ~ Dictionnaire de chimie (21778) ~ Chymisches Wörterbuch (dt. von J.G. Leonhardi 1781–1783) ~ 21788–1791 ~ Art. Oele, wesentliche. 19483 4 566 261 lichtenberg Macquer, Wörterbuch 4, 1789 siehe Gesamtregister.
0 200804 Personenregister ~ Lejay de Suvigny ~ Schriften ~ Nouvelle théorie du pyrophore de M. Homberg (1760). 8819 4 174 1 lichtenberg 1 Suvigny ( Mem. de Mathematique et de Physique ) siehe Gesamtregister.
0 200804 745746 Personenregister ~ Lejay de Suvigny ~ Schriften ~ Nouvelle théorie du pyrophore de M. Homberg (1760). 8819 4 564 257 Suvigny, Théorie 1760 siehe Gesamtregister.
0 200804 Personenregister ~ Bewley, William ~ Brief an Priestley (Pyrophor). 23366 4 174 13 lichtenberg Bewly siehe Gesamtregister.
200804
20080352cefdf36f944747934016
20080452cefdf4764fc305069299
20083452cefe223e604397279061
20083452cefe223e6c4667652510
20075952cefd13cc140894664580
20074852cefd0a568fc948783418
20080952cefdf7b6698406710918
20083352cefe217f50c539944749
20083852cefe2489e30219272169
1457092133936

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Digitalisate

0200804417400handschriftVNat_4VIII_E_07_005r.jpg5r VIII E 7, 5r
020080441742201handschriftVNat_4VIII_E_12_012r.jpg12r VIII E 12, 12r
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