Georg Christoph Lichtenberg

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Seite 205

Band 4 - IX. Von der Wärme und Kälte - Heffte

200834
200836
4
0
1 Nr. 56VIII E 12, 8
2 8rad §. 494. b.414
3 Hauptsächlichste Einwürfe gegen Crawfords Theorie415
4 1)Da er alle neue entstehende ± Wärme bey dem Verbrennen
5 und den Mischungen aus Bild im Text Capacität erklärt, so kömt er
6 nicht aus. Denn die Kälte die bey Seesaltz und Eis entsteht ist
7 nicht daraus zu erklären.416
8 DeLuc Idées §. 235.
9 2)Wenn er annimmt oder gefunden haben will, daß die Capa-
10 cität des Eises zum Wasser wie 9 : 10 sey,417 so kan er daraus
11 doch nicht die absolute Wärme beyder schließen, denn er
12 müßte beweißen daß die 140° verschluckten Fahrh.(298) Grade
13 das 10tel sey, welches dem Eise fehlte, aber dieses kan er nicht
14 ohne die absolute Wärme des Eises zu wissen. NB.418
15 Eben wegen des erstern §. denn sie können nicht erweißen das grade,
16 dieses das fehlende ist, es konte ja noch mehr frey, oder gebunden
17 werden.
18 Nemlich (NB) ich kan ja nicht wissen ob sich hier nicht etwas Wärme
19 entbunden hat, die zu gleich mit jenen Mangel ersezt hat.
20 Hieher vorzüglich de Luc Idées sur la Meteorologie T. I. §. 214. p. 145
21 der deutschen Uebersetzung.419
22 auch sind hierzu unsere Thermometer noch nicht genau genug.
23 3)Rechnet er nicht auf die Zersetzungen der Wärme, die Warme
24 oder besser das Feuer kan ein fester Bestandtheil der Cörper
25 werden, chemisch verbunden, und sich entwickeln dieses ge-
26 schieht vermuthlich beym Verbrennen mit der dephlog. Lufft,
27 wobey sie zersezt wird.420
28 4)scheint es unschicklich zu seyn die specifische Wärme oder die
29 Capacitäten nach gleichen Massen zu bestimmen, den wenn er
30 da der gemeinen Lufft 18 mal mehr Feuer bemißt, als dem
31 Wasser, so muß er bedencken, daß diese Lufft einen 800 mal
32 größeren Raum einnimmt, als das Wasser so daß also auf ein
33 gleiches Volumen nur Bild im Text Feuer käme, wovon sich, wie HE.
34 DeLuc mit Recht sagt, wenig große Würckung für die Hitze
35 erwarten lassen.421 |

Textkritischer Kommentar

205 9  oder … will]
205erg.
textkritik 220505
746064 200835 4
205 11  nicht]
205danach gestr. folgern
textkritik 220507
746066 200835 4
205 12  140°]
205für 130°
textkritik 220508
746067 200835 4
205 12  Fahrh.]
205davor streicht Bearb. Grade
textkritik 220509
746068 200835 4
205 18  NB]
205dreifach unterstr.
textkritik 220511
746070 200835 4
205 19  die]
205danach gestr. †
textkritik 220512
746071 200835 4
205 28  unschicklich]
205für <ungeschickt>{schicklich}
textkritik 220515
746074 200835 4
205 34  sagt]
205für erwartet
textkritik 220516
746075 200835 4

Textkritischer Kommentar (Randtext)

Anmerkungen

575 (298) 
575 Die Erklärung für diese zunächst nicht verständliche Angabe findet man bei Gamauf unter der Überschrift „Von den Wirkungen des latenten Wärmestoffes“. Dort heißt es: „wenn mit 1 Pfund Wasser von 32° [Fahrenheit] 1 Pfund Eis von 4° gemischt wird: so findet man am Ende, Bild im Text ungefähr vom Wasser gefroren, und die Temperatur der Mischung ist = 32°. – Was ist nun geschehen? Das Eis ist um 28° wärmer geworden, und das Wasser bey der alten Temperatur verblieben. Diese 28° sind also derjenige Wärmestoff, welchen das Bild im Text Pfund gefrierende Wasser abgesetzet hat, oder welche beym Gefrieren dieses Wassers frey geworden sind. – Und was ergibt sich hieraus wieder für ein Schluß? Offenbar dieser: Wenn Bild im Text Pfund Wasser beym Gefrieren so viel Wärmestoff hergibt, daß dadurch 1 Pfund Eis um 28° wärmer wird: so muß Bild im Text [richtig: Bild im Text] oder ein ganzes Pfund Wasser, beym Gefrierenso viel Wärmestoff hergeben, daß dadurch das Pfund Eis um 5 Mahl 28, das ist um 40° [richtig: 140°] wärmer würde, vorausgesetzt, daß das Eis, Eis bliebe, oder doch in einen Körper von gleicher Capacität verwandelt würde.“ (GamN, 473 f.)
anmerkung 220245
745804 200835 4 1
597 414 
597 Die unter der Überschrift „ad §. 494. b.“ stehenden Bemerkungen könnten sich auf eine Notiz L.s im Handexemplar der 4. Aufl. beziehen. Dort steht am Rande des § 494 b: „Einige Einwürfe. Ferner HE. Craw­ford's Verfahren die absolute Wärme zu finden beruht auf gantz richtigen Gründen, allein sie kan öffters durch Nebenumstände trügen.“ (ErxH, 506, 5-11.)
anmerkung 220502
746061 200835 4
597 415 
597 Die Einwürfe sind sämtlich von Deluc übernommen, wie die nach­folgenden Anm. belegen.
anmerkung 220503
746062 200835 4
597 416 
597 Crawford hält es auf Grund experimenteller Ergebnisse für erwie­sen, „daß die Kapazitäten der Körper für die Wärme, wenn ihre Formen [d. h. ihr Aggregatzustand] durch eine Veränderung der Temperatur geän­dert werden, entweder zunehmen oder abnehmen, und daß die Körper folg­lich entweder Wärme einschlucken oder entwickeln müssen.“ (Crawford, Versuche 1789, 66.) Beim Schmelzen, z. B. von Eis, wird Wärme ver­braucht, das bestreitet auch Crawford nicht; sie wird verbraucht, weil nach seiner Auffassung „die specifische Wärmekapazität der Flüssigkeit grösser ist als jene des festen Körpers bei derselben Temperatur und […] die latente Wärme nichts anderes ist als der Ueberschuss der Gesamtwärme der Flüssigkeit bei der Schmelztemperatur über jene des festen Körpers bei der­|
598selben Temperatur vom absoluten Nullpunkt an, vom Zustand der Wärme­losigkeit gerechnet.“ (Mach, Principien 1900, 166.) Diese Wärme muß bei der Verflüssigung aufgebracht werden. – Im Falle der Kältemischung aus Eis und Kochsalz ändern außer dem Eis auch die Kochsalzkristalle ihre Form, es müßte also nicht nur die Wärme zum Schmelzen des Eises, son­dern auch die für die Änderung der Kristallstruktur des Salzes aufgebracht werden; Crawford kann nach Ansicht von Deluc und L. die Kälte (– 21 °C) der aus dem Eis- und Kristallwasser bestehenden Flüssigkeit nicht erklären.
anmerkung 220504
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598 417 
598 Das behauptet nicht nur Crawford; das scheint der von allen ange­nommene Wert zu sein (vgl. Gehler 4, 575). Magellan gibt (in einer Tabel­le) diesen Wert an und beruft sich dabei auf Kirwan, mit dem Bemerken (Essai 1780, 176): „C’est aussi à la générosité philosophique de ce Savant, que je dois la communication de la Table suivante“. Vgl. auch J. T. Mayer (Gesetze 1791, 70): „Nun haben Erfahrungen gelehrt, daß, wenn die Capacität des Wassers = 1 gesetzt wird, die des Eises = 0,9 sey.“
anmerkung 220506
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598 418 
598 „Wenn man mit Gewißheit gefunden hätte“, schreibt Deluc, „daß die Kapacität des Wassers, um eine gewisse bestimmte Menge größer ist, als die des Eises; so dürfte man doch nicht schließen, daß jeder Verlust der Wärme, den man beym Schmelzen des Eises bemerkt, von diesem Um­stande herrühre. Denn man müßte noch wissen, was die absolute Menge der Wärme des schmelzenden Eises wäre; und zeigen, daß der bemerkte Verlust an Wärme, ein aliquoter Theil davon, und dem Verhältniß der bey­den Kapacitäten gleich sey.“ (Deluc, Ideen 1, 1787, 153.) Zur „absoluten Wärme“ vgl. Anm. 381.
anmerkung 220510
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598 419 
598 Deluc schreibt, er habe Crawford entgegenhalten müssen, „daß man nach den bloßen Versuchen, die man noch über den Gang des Thermome­ters, in Vergleichung mit dem der Wärme, gemacht habe, nicht berechtigt sey, gleiche Grade des Thermometers als die Anzeige unter sich gleicher Unterschiede der Wärme zu betrachten; und bis dieser Punkt genau be­stimmt wäre, schiene es, daß der angenommene Unterschied, zwischen der Kapazität des Wassers und des Eises, nur vom Thermometer herrühre. Das gefundene Verhältniß zwischen der Kapacität des Eises und des Wassers ist 9 : 10. Die Versuche aber […], woraus man dies Verhältniß geschlossen hat, haben müssen bey hinlänglich großen Unterschieden in der Temperatur gemacht seyn, damit 9° des Thermometers, bey der, welche das Eis angeht, an 10° bey der, des Wassers, gleich wären, was die wirkliche Menge der Wärme betrifft.“ (Deluc, Ideen 1, 1787, 145.)
anmerkung 220513
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598 420 
598 Das Feuer, schreibt Deluc (Ideen 1, 1787, 125), „tritt erstlich we­sentlich in die Zusammensetzung aller brennbaren festen Körper; und von ihm rührt die Wärme her, welche durch das Verbrennen hervorgebracht wird, wenn die dephlogistisirte Luft, die immer bey dieser Operation der Natur, geschäftig ist, sich nicht dabei zerstört, und bloß durch fixe Luft ersezt wird.“
anmerkung 220514
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598 421 
598 Crawford habe geschlossen, schreibt Deluc, „daß die Luft, in einem gewissen Verhältniß mehr Kapacität, als das Wasser habe; daß die Kapaci­|
599tät der Luft zu der des Wassers, wie 18,6 zu 1 sey.“ Dagegen wendet Deluc ein: „Weil bey derselben Masse, die Luft 18,6 mal so viel Wärme, als das Wasser an einerley Substanz giebt, indem sie dieselbe bis zu einerley Grad verliert, so geschieht dies bey einem 800 mal größern Volumen, als beym Wasser. Wenn man also die Luft in demselben Volumen mit dem Wasser nähme, so würde sie ohngefähr nur Bild im Text soviel Wärme als das Wasser hergeben. Hieraus schließe ich, wiewohl nach derselben Angabe, daß die Luft, im Gegentheil, nur eine sehr kleine Kapacität für das Feuer hat, und daß also die Veränderungen, welche diese Kapacität erleiden kann, keine große Phänomene der Wärme hervorbringen könnten.“ (Deluc, Ideen 1787, 114 f.)
anmerkung 220517
746076 200835 4

Anmerkungen

Herausgeberkorrekturen am Drucktext

Marginalien zur sechsten Auflage

Anmerkungen von Lichtenberg

Registereinträge

0 200835 Verzeichnis der edierten Handschriften ~ NL VIII E 12 ~ Bl. 8. 30462 4 205 2 8r siehe Gesamtregister.
0 200835 746063 Personenregister ~ Crawford, Adair ~ Schriften ~ Experiments and observations on animal heat (1779) ~ 21788 ~ Versuche und Beobachtungen über die Wärme der Thiere und die Entzündung der verbrennlichen Körper (dt. von L.F.F. v. Crell 1789). 8189 4 597 416 Crawford, Versuche 1789 siehe Gesamtregister.
0 200835 Personenregister ~ Deluc, Jean André (sen.) ~ Schriften ~ Idées sur la météorologie (1786–1787). 1180 4 205 8 lichtenberg DeLuc Idées siehe Gesamtregister.
0 200835 Personenregister ~ Deluc, Jean André (sen.) ~ Schriften ~ Idées sur la météorologie (1786–1787) ~ Neue Ideen über die Meteorologie (dt. von J.H. Wittkopp 1787–1788). 1181 4 205 20-21 lichtenberg de Luc Idées sur la Meteorologie T. I . §. 214. p. 145 der deutschen Uebersetzung siehe Gesamtregister.
0 200835 746069 Personenregister ~ Deluc, Jean André (sen.) ~ Schriften ~ Idées sur la météorologie (1786–1787) ~ Neue Ideen über die Meteorologie (dt. von J.H. Wittkopp 1787–1788). 1181 4 598 418 Deluc, Ideen 1, 1787 siehe Gesamtregister.
0 200835 746073 Personenregister ~ Deluc, Jean André (sen.) ~ Schriften ~ Idées sur la météorologie (1786–1787) ~ Neue Ideen über die Meteorologie (dt. von J.H. Wittkopp 1787–1788). 1181 4 598 420 Deluc (Ideen 1, 1787 siehe Gesamtregister.
0 200835 746076 Personenregister ~ Deluc, Jean André (sen.) ~ Schriften ~ Idées sur la météorologie (1786–1787) ~ Neue Ideen über die Meteorologie (dt. von J.H. Wittkopp 1787–1788). 1181 4 599 421 Deluc, Ideen 1787 siehe Gesamtregister.
0 200835 746061 Verweise ~ Vorlesungen zur Naturlehre ~ 1: Erxleben ~ Kap. 9 Wärme ~ S. 506. 33218 4 597 414 ErxH, 506 siehe Gesamtregister.
0 200835 Personenregister ~ Deluc, Jean André (sen.) ~ Theorie der Wärme ~ Zweifel an Crawfords Wärmetheorie. 13176 4 205 34 lichtenberg DeLuc siehe Gesamtregister.
0 200835 746062 Personenregister ~ Deluc, Jean André (sen.) ~ Theorie der Wärme ~ Zweifel an Crawfords Wärmetheorie. 13176 4 597 415 Deluc siehe Gesamtregister.
0 200835 Verweise ~ Kompendium (31784) ~ § 494. b. 23532 4 205 2 lichtenberg ad §. 494. b siehe Gesamtregister.
0 200835 Sachregister ~ Kältemischung ~ Crawfors Erklärung mangelhaft. 23586 4 205 6-7 lichtenberg Denn die Kälte die bey Seesaltz und Eis entsteht ist nicht daraus zu erklären. siehe Gesamtregister.
0 200809 745804 Verweise ~ Gamaufs Erinnerungen aus Lichtenbergs Vorlesungen ~ Experimentalphysik III ~ 161. 19490 4 575 298 GamN, 473 f. siehe Gesamtregister.
0 200835 746065 Personenregister ~ Gehler, Johann Samuel Traugott ~ Schriften ~ Physikalisches Wörterbuch (1787–1796) ~ Art. Wärme, specifische. 19507 4 598 417 Gehler 3, 575 siehe Gesamtregister.
0 200835 Sachregister ~ Thermometer ~ Beschränkung ~ ungenau. 23323 4 205 22 lichtenberg Thermometer noch nicht genau genug siehe Gesamtregister.
0 200835 Sachregister ~ Wärme ~ absolute ~ Crawfords Berechnung nicht schlüssig. 23587 4 205 9-19 lichtenberg Wenn er annimmt oder gefunden haben will, daß die Capa- cität des Eises zum Wasser wie 9 : 10 sey, 417 so kan er daraus doch nicht die absolute Wärme beyder schließen, denn er müßte beweißen daß die 140° verschluckten Fahrh. (298) Grade das 10 tel sey, welches dem Eise fehlte, aber dieses kan er nicht ohne die absolute Wärme des Eises zu wissen. NB. 418 Eben wegen des erstern §. denn sie können nicht erweißen das grade, dieses das fehlende ist, es konte ja noch mehr frey, oder gebunden werden. Nemlich ( NB ) ich kan ja nicht wissen ob sich hier nicht etwas Wärme entbunden hat, die zu gleich mit jenen Mangel ersezt hat. siehe Gesamtregister.
0 200835 Sachregister ~ Wärme ~ spezifische ~ Problematik der Definition. 23588 4 205 28-29 lichtenberg scheint es unschicklich zu seyn die specifische Wärme oder die Capacitäten nach gleichen Massen zu bestimmen, siehe Gesamtregister.
0 200835 Sachregister ~ Wärme ~ Theorie ~ Crawfords ~ Kritik. 4803 4 205 3 lichtenberg wichtig Hauptsächlichste Einwürfe gegen Crawfords Theorie siehe Gesamtregister.
0 200835 Sachregister ~ Wärme ~ Feuer(materie) ~ Spekulation über chemische Eigenschaften. 6298 4 205 23-27 lichtenberg Rechnet er nicht auf die Zersetzungen der Wärme, die Warme oder besser das Feuer kan ein fester Bestandtheil der Cörper werden, chemisch verbunden, und sich entwickeln dieses ge- schieht vermuthlich beym Verbrennen mit der dephlog. Lufft, wobey sie zersezt wird. siehe Gesamtregister.
0 200835 746065 Personenregister ~ Mayer, Johann Tobias ~ Schriften ~ Ueber die Gesetze und Modificationen des Wärmestoffs (1791). 8939 4 598 417 J. T. Mayer (Gesetze 1791, 70) siehe Gesamtregister.
0 200835 746063 Personenregister ~ Mach, Ernst ~ Schriften ~ Die Principien der Wärmelehre (1896 u.ö.). 8867 4 598 416 Mach, Principien 1900 siehe Gesamtregister.
0 200835 746065 Personenregister ~ Magalhães, João Jacinto de ~ Schriften ~ Essai sur la nouvelle théorie du feu élémentaire, et de la chaleur des corps (1780). 8875 4 598 417 Magellan Essai 1780 siehe Gesamtregister.
200825
1458207072888

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02008354205201handschriftVNat_4VIII_E_12_008r.jpg8r VIII E 12, 8r
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