Georg Christoph Lichtenberg

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Seite 134

Band 5 - XII. Vom Weltgebäude und der Erde überhaupt - Texte

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1 <Die Veränderung war so sehr wichtig nicht, in 1200 Jahren erst
2 10 Tage. Dieses war so viel nicht werth als die erstaunende Ver-
3 wirrung die in einem Reich entstehen muste, das nicht durchaus
4 das Ansehen des Pabstes erkennt. Wenn mein Nachbar sagt es ist
5 der 21 und ich sage es ist der 10te, das kan nicht ohne die gröste
6 Unordnung in Handel und Wandel in allen Geschäfften zu ver-
7 ursachen abgehen. Ob also gleich die Protestanten von Anfang
8 nicht folgen wolten, da der Vortheil nicht viel werth war, da
9 zumal auch die astronomischen Rechnungen etwas dadurch
10 gestöhrt wurden, in dem das schöne Gesetz der Schalttage des
11 Julianischen Jahres unterbrochen ward.>
12 So gaben Sie denn doch um fernern Unheil und Verwirrung
13 vorzubeugen nach. Nemlich mit dem Anfang dieses 18ten Jahr-
14 hunderts entschlossen sich die Versammelten deutschen pro-
15 testantischen Reichsstände, den gregorianischen Calender und
16 sogenannten neuen Styl anzunehmen.438 Und darin thaten sie
17 recht {weil es doch eigentlich nicht Caprice war, sondern
18 würcklich etwas vernünfftiges zum Grunde hatte}. Ich setze
19 darin einen Hauptvorzug der Protestantischen Lehre (ich greife
20 hierin keines Menschen Meinung vor, und noch weniger werde
21 ich mich unterstehen irgend eines Menschen Lehrmeinung in
22 Religions sachen wozu er erzogen worden ist, | 187vlächerlich zu
23 machen, da behüte mich der Himmel vor. Ich bin ohnehin
24 überzeugt, daß die weisesten und aufgeklärtesten aller Christli-
25 chen Seckten vor Gott nur eine Religion bekennen. Das übrige
26 ist mehr Theologie als eigentlich Religion. Ich glaube, sage ich,
27 daß dieses ein Hauptvorzug unserer Seckte ist, daß sie sich nicht
28 nach den Rathschlüssen von Versammlungen zurichten hatten,
29 die zwar aus gantz guten Leuten mögen bestanden haben, aber
30 doch gewiß aus Leuten, die weniger wußten, als wir heutzutage
31 wissen. Also wenn ich mich nicht gantz und gar irre so ist ein
32 wesentliches Stück unserer Lehre immer fortzuschreiten, so wie
33 das Menschliche Geschlecht an Erkenntniß zunimmt. Denn es ist
34 gewiß nicht sehr weiße gehandelt, den Menschen in Religions
35 sachen Feßeln anzulegen, während man ihm von der andern

Textkritischer Kommentar

134 1 – 11 
134als erledigt gestr. LB
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134 3  die]
134danach gestr. entstehen
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134 13  Nemlich]
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134 17 – 18  weil … hatte]
134erg. am Rand, Zuordnung durch Bearb.
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134 25  Das]
134für Daß
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134 32  immer fortzuschreiten]
134für sich immer mehr aufzuklären
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Textkritischer Kommentar (Randtext)

Anmerkungen

634 438 
634 Davon ausgenommen war die Berechnung des Ostertermins (und damit aller beweglichen Feste); vgl. 136,16 – 20.
anmerkung 235387
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Anmerkungen

Herausgeberkorrekturen am Drucktext

Marginalien zur sechsten Auflage

Anmerkungen von Lichtenberg

Registereinträge

0 210584 Sachregister ~ Kalender ~ alter/neuer Stil. 3183 5 134 1-18 1 < Die Veränderung war so sehr wichtig nicht, in 1200 Jahren erst 10 Tage. Dieses war so viel nicht werth als die erstaunende Ver- wirrung die in einem Reich entstehen muste, das nicht durchaus das Ansehen des Pabstes erkennt. Wenn mein Nachbar sagt es ist der 21 und ich sage es ist der 10te, das kan nicht ohne die gröste Unordnung in Handel und Wandel in allen Geschäfften zu ver- ursachen abgehen. Ob also gleich die Protestanten von Anfang nicht folgen wolten, da der Vortheil nicht viel werth war, da zumal auch die astronomischen Rechnungen etwas dadurch gestöhrt wurden, in dem das schöne Gesetz der Schalttage des Julianischen Jahres unterbrochen ward.> So gaben Sie denn doch um fernern Unheil und Verwirrung vorzubeugen nach. Nemlich mit dem Anfang dieses 18 ten Jahr- hunderts entschlossen sich die Versammelten deutschen pro- testantischen Reichsstände, den gregorianischen Calender und sogenannten neuen Styl anzunehmen. 438 Und darin thaten sie recht { weil es doch eigentlich nicht Caprice war, sondern würcklich etwas vernünfftiges zum Grunde hatte } siehe Gesamtregister.
0 210584 Sachregister ~ Religion ~ christliche ~ protestantische Lehre besser als katholische. 21288 5 134 18-35 lichtenberg 1 Ich setze darin einen Hauptvorzug der Protestantischen Lehre (ich greife hierin keines Menschen Meinung vor, und noch weniger werde ich mich unterstehen irgend eines Menschen Lehrmeinung in Religions sachen wozu er erzogen worden ist,  | 187v lächerlich zu machen, da behüte mich der Himmel vor. Ich bin ohnehin überzeugt, daß die weisesten und aufgeklärtesten aller Christli- chen Seckten vor Gott nur eine Religion bekennen. Das übrige ist mehr Theologie als eigentlich Religion. Ich glaube , sage ich, daß dieses ein Hauptvorzug unserer Seckte ist, daß sie sich nicht nach den Rathschlüssen von Versammlungen zurichten hatten, die zwar aus gantz guten Leuten mögen bestanden haben, aber doch gewiß aus Leuten, die weniger wußten, als wir heutzutage wissen. Also wenn ich mich nicht gantz und gar irre so ist ein wesentliches Stück unserer Lehre immer fortzuschreiten, so wie das Menschliche Geschlecht an Erkenntniß zunimmt. Denn es ist gewiß nicht sehr weiße gehandelt, den Menschen in Religions sachen Feßeln anzulegen, während man ihm von der andern siehe Gesamtregister.
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Abbildungen

Digitalisate

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