Georg Christoph Lichtenberg

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Seite 512

Band 5 - XIII. Von der Erde insbesondere - Texte

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0
1 andere Materie, die sich nicht so geschwinde crystallisirte, oder
2 verhärtete, zE. Hornstein und ursprünglicher Kalch, davon ge-
3 schieden worden aus Granit, auf welchen [, da die] die Ebullition
4 an demselben Ort immer schwächer mithin niedriger ward, sich
5 die leztern als ausgeworfene Materien, in stufenartiger Ordnung
6 und ihrer mindern Schwere oder Auflößungsfähigkeit im Wasser
7 nieder ließen. Also war die erste bildende Ursache der Uneben-
8 heiten der Oberfläche eine Atmosphärische Ebullition, die ich,
9 sagt Kant, aber lieber chaotisch nennen möchte, um den ersten
10 Anfang derselben zu bezeichnen.1139
11 Ich gestehe, daß mir manches in dem folgenden von HE. K. Vor-
12 stellungsart nicht recht deutlich ist, allein er hat die Sache so sehr
13 gut eingeleitet, daß man sich leicht selbst helfen, das ist seine
14 eigene weitere Vorstellungsart der seinigen substituiren kan, die
15 auch wohl die Seinige seyn mag. – Er sagt S. 208. ausdrücklich:
16 da das Becken des Meeres vermuthlich immer mehr vertieft
17 wurde.1140 Könte dieses Vertiefen nicht | 3rein einstürtzen gewesen
18 seyn?(385)
19 Die Vergleichung unserer Erde mit dem was wir neuerlich vom
20 Monde erfahren haben1141 leitet ihn nun auf den Gedancken,
21 daß alle die Weltkörper ziemlich auf ähnliche Weiße entstanden
22 seyn möchten, und so komt er auf die weiter ausholende Hypo-
23 these von Entstehung des Weltgebäudes S. 210. Ohne Wärme ist
24 keine Flüssigkeit, woher die Wärme aus der Sonne etwa? wie
25 Büffon, wie ward sie in der Sonne angehäuft?1142 Warum solte
26 man nicht annehmen daß der Urstoff aller Weltkörper in dem
27 gantzen weiten Raume, worin sie sich jezt bewegen, Anfangs
28 Dunstförmig verbreitet gewesen, und sich daraus nach Gesetzen,
29 zuerst der chemischen, hernach und vornehmlich der kosmolo­gi-
30 schen Attraction, gebildet haben, so geben Crawfords Entde-
31 ckungen einen Winck, mit der Bildung der Weltkörper zugleich
32 die Erzeugung so großer Grade der Hitze als man selbst will,

Textkritischer Kommentar

512 18  seyn?]
512 danach gestr. (der eingeklammerte Absatz in LB) Hier // (Ich muß geste­hen, daß mir vieles in der Kantischen Hypothese leichter ist, als in der DeLücschen zumal, was {das} <s>{S}etzen des innern Betrifft, ich verstehe immer nicht recht wie es in dem inneren Höhlen geben könne durch blose Entfernung elastischer Flüssigkei­ten. Auch ist es sehr wahrscheinlich daß elastische Dämpfe noch andere Materien mit sich werden herauf geworfen haben, wodurch sich dan auch die Erscheinungen in den Gängen erklären.)
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512 20  leitet]
512davor gestr. verl
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512 21  entstanden]
512für entsprungen
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512 29 – 30  kosmologischen]
512für kosmischen
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Textkritischer Kommentar (Randtext)

Anmerkungen

794 (385) 
794 Kant (Vulkane 1785, 207 f.): „Auf diese [d. h. die „atmosphärische Ebullition, die ich lieber chaotisch nennen möchte“], muß man sich vor­stellen, hat eine pelagische Alluvion nach und nach Materien, die größten­theils schon Meergeschöpfe enthielten, geschichtet. Denn jene chaotische Kraters, wo deren eine Menge gleichsam gruppirt war, bildeten weit ausge­breitete Erhöhungen über andere Gegenden, woselbst die Ebullition nicht so heftig gewesen war. Aus jenen ward Land mit seinen Gebirgen, aus diesen Seegrund. Indem nun das überflüssige Kristallisationswasser aus jenen Bassins ihre Ränder durchwusch, und ein Bassin sein Wasser in das andere, alle aber zu dem niedrigen Theil der sich eben formenden Erdfläche (nämlich dem Meere) ablaufen ließ; so bildete es die Pässe für die künftigen Ströme, welche man noch mit Verwunderung, zwischen steilen Felswänden, denen sie itzt nichts anhaben können, durchgehen und das Meer suchen sieht. Dieses wäre also die Gestalt des Skelets von der Erdoberfläche, sofern sie aus Granit besteht, der unter allen Flötzschichten fortgeht, welche die folgenden pelagischen Alluvionen auf jenen aufgesetzt haben.“ Über „hölen“ und über „Einstürtze mancher Gewölbe“ schreibt Kant nichts; es ist eine Ergänzung L.s, um das niedrige Niveau des Meeresbodens zu erklären (vgl. S. 512,15 – 18), die von Delucs Erklärung der Verwandlung von Meeresboden in Festland abgeleitet ist, vgl. Anm. 423.
anmerkung 237798
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917 1139 
917 Vgl. ebd., 206 f.
anmerkung 239186
774279 210963 5
917 1140 
917 Ebd., 208: „Da das Bekken des Meeres vermuthlich immer mehr vertieft wurde, und alle aus obigen Bassins ablaufende Wasser nach sich zog; so wurden nun dadurch die Flußbetten und der ganze itzige Bau des Landes erzeugt, der die Vereinigung der Wasser aus so vielen Bassins in einen Kanal möglich macht.“
anmerkung 239187
774280 210963 5
917 1141 
917 Die vermeintliche Beobachtung eines Vulkanausbruches auf dem Mond durch Herschel am 4. Mai 1783 ist durch die Veröffentlichung von Aepinus (Letter 1784) im „Gentleman’s Magazine“ allgemein bekannt geworden, vgl. ErxH, 689,1 – 6.
anmerkung 239189
774282 210963 5
917 1142 
917 Kant (Vulkane 1785, 210): „Woher kam nun diese ursprüngliche Wärme? Sie mit Büffon von der Sonnenglut, wovon alle planetische Kugeln nur abgestoßene Brokken wären, abzuleiten, ist nur ein Behelf auf kurze Zeit; denn woher kam die Wärme der Sonne?“
anmerkung 239192
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Anmerkungen

Herausgeberkorrekturen am Drucktext

Marginalien zur sechsten Auflage

Anmerkungen von Lichtenberg

Registereinträge

0 210963 774282 Personenregister ~ Aepinus, Franz Maria Ulrich Theodosius ~ Schriften ~ Letter to Mr. Pallas concerning a volcano discovered in the moon (1784). 9646 5 917 1141 Aepinus (Letter 1784) siehe Gesamtregister.
0 210963 Verzeichnis der edierten Handschriften ~ NL IX D 1 ~ Bl. 2/3. 31059 5 512 17 3r siehe Gesamtregister.
0 210963 Personenregister ~ Buffon, George Louis Leclerc de ~ Entstehung des Planetensystems. 15576 5 512 25 lichtenberg Büffon siehe Gesamtregister.
0 210963 Personenregister ~ Crawford, Adair ~ Wärmetheorie. 1057 5 512 30 lichtenberg Crawfords siehe Gesamtregister.
0 210963 Sachregister ~ Gebirge ~ Urgebirge (Grundgebirge). 27588 5 512 1-3 lichtenberg 1 andere Materie, die sich nicht so geschwinde crystallisirte, oder verhärtete, zE. Hornstein und ursprünglicher Kalch, davon ge- schieden worden aus Granit, siehe Gesamtregister.
0 210963 774282 Verweise ~ Vorlesungen zur Naturlehre ~ 1: Erxleben ~ Kap. 12 Astronomie ~ S. 689. 33337 5 917 1141 im „Gentleman’s Magazine“ allgemein bekannt geworden, vgl. ErxH, 689 siehe Gesamtregister.
0 210963 Sachregister ~ Kraft ~ anziehende. 3282 5 512 30 lichtenberg Attraction siehe Gesamtregister.
0 210963 Sachregister ~ Materie ~ Urstoff der Weltkörper. 29293 5 512 25-28 lichtenberg Warum solte man nicht annehmen daß der Urstoff aller Weltkörper in dem gantzen weiten Raume, worin sie sich jezt bewegen, Anfangs Dunstförmig verbreitet gewesen, siehe Gesamtregister.
0 210963 774282 Personenregister ~ Herschel, Friedrich Wilhelm ~ Astronomie ~ Mond. 14189 5 917 1141 Herschel siehe Gesamtregister.
0 210963 Sachregister ~ Mond ~ Oberfläche ~ Vulkan. 3861 5 512 19-20 lichtenberg was wir neuerlich vom Monde erfahren haben 1141 siehe Gesamtregister.
0 210963 Personenregister ~ Kant, Immanuel ~ Schriften ~ Ueber die Vulkane im Monde (1785) ~ Exzerpt. 29147 5 512 1-32 lichtenberg 1 1 andere Materie, die sich nicht so geschwinde crystallisirte, oder verhärtete, zE. Hornstein und ursprünglicher Kalch, davon ge- schieden worden aus Granit, auf welchen [, da die] die Ebullition an demselben Ort immer schwächer mithin niedriger ward, sich die leztern als ausgeworfene Materien, in stufenartiger Ordnung und ihrer mindern Schwere oder Auflößungsfähigkeit im Wasser nieder ließen. Also war die erste bildende Ursache der Uneben- heiten der Oberfläche eine Atmosphärische Ebullition, die ich, sagt Kant, aber lieber chaotisch nennen möchte, um den ersten Anfang derselben zu bezeichnen. 1139 Ich gestehe, daß mir manches in dem folgenden von HE. K. Vor- stellungsart nicht recht deutlich ist, allein er hat die Sache so sehr gut eingeleitet, daß man sich leicht selbst helfen, das ist seine eigene weitere Vorstellungsart der seinigen substituiren kan, die auch wohl die Seinige seyn mag. – Er sagt S. 208. ausdrücklich: da das Becken des Meeres vermuthlich immer mehr vertieft wurde. 1140 Könte dieses Vertiefen nicht  | 3r ein einstürtzen gewesen seyn? (385) Die Vergleichung unserer Erde mit dem was wir neuerlich vom Monde erfahren haben 1141 leitet ihn nun auf den Gedancken, daß alle die Weltkörper ziemlich auf ähnliche Weiße entstanden seyn möchten, und so komt er auf die weiter ausholende Hypo- these von Entstehung des Weltgebäudes S. 210 . Ohne Wärme ist keine Flüssigkeit, woher die Wärme aus der Sonne etwa? wie Büffon, wie ward sie in der Sonne angehäuft? 1142 Warum solte man nicht annehmen daß der Urstoff aller Weltkörper in dem gantzen weiten Raume, worin sie sich jezt bewegen, Anfangs Dunstförmig verbreitet gewesen, und sich daraus nach Gesetzen, zuerst der chemischen , hernach und vornehmlich der kosmolo­gi- schen Attraction , gebildet haben, so geben Crawfords Entde- ckungen einen Winck, mit der Bildung der Weltkörper zugleich die Erzeugung so großer Grade der Hitze als man selbst will, siehe Gesamtregister.
0 210963 Sachregister ~ Wärme ~ gebundene (latente) ~ Freisetzung ~ bei der Sternentstehung. 29146 5 512 31-32 lichtenberg mit der Bildung der Weltkörper zugleich die Erzeugung so großer Grade der Hitze siehe Gesamtregister.
0 210963 Sachregister ~ Welt ~ Entstehung. 15552 5 512 23 lichtenberg Entstehung des Weltgebäudes siehe Gesamtregister.
0 210963 Personenregister ~ Lichtenberg, Georg Christoph ~ Biographisches ~ Beurteilungen ~ Kants Kosmologie. 29150 5 512 12-13 lichtenberg so sehr gut siehe Gesamtregister.
0 210963 774282 Sachregister ~ Datierung ~ 1783 Mai 4. 25668 5 917 1141 4. Mai 1783 siehe Gesamtregister.
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Digitalisate

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