I. Einleitung in die Naturlehre. §. 6. 7.
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1Erklärungssucht sehr in Acht zu nehmen. – »Warum hagelt es im
2Winter, und schneit nur im Sommer?« fragte mal Jemand einen
3so prompten Erklärer. I das ist leicht einzusehen – antwortete er.
4Oben ist es kalt, das ist gewiß. Nun kann es doch im Sommer oben
5nicht so kalt seyn, es schneit also. Im Winter hingegen, da friert
6alles zu Stein und Bein, da hagelt es also. – »Doch ich habe mich
7versprochen, erwiederte der erstere, ich wollte eigentlich fragen:
8warum es im Winter schneit und im Sommer hagelt?« – I das ist
9noch leichter zu erklären, versetzte der andere. Im Winter hat die
10Sonne wenig Wirkung: da werden die Dünste nicht hoch genug
11getrieben, es schneit also. Hingegen | im Sommer da steigen sie31
12sehr hoch, nun ist es oben so unbändig kalt, da frieren sie also
13zusammen und fallen als Hagel herunter.
14Ein wahres Exempel∗, welches Lichtenberg von einem Kam-
15merherrn der Prinzessinn Wallis, der Mutter des gegenwärtigen
16Königs erzählt wurde, ist folgendes: Georg II. war kein Liebha-
17ber der Physik. Er wurde öfters von herumstreifenden Physikern,
18die man billig nach der Analogie des Worts Musikanten, Physi-
19kanten nennen†| sollte, betrogen. Selbst dem furchtsamen Desa-32
20guliers begegnete es einmal, daß er die Luft herauszupumpen
21vergaß, als er vor ihm einen bekannten Versuch machen wollte.
22– Nur zwey Kammerherrn und ein Kammerjunker stahlen sich
23gleichsam weg und hörten Physik. Einst fragte sie der König, der
24dieß erfuhr, ob sie Physik gehört hätten, und als sie dieß bejahten,
25erwiederte er: das ist mir recht lieb; es geht mir schon so lange
26etwas im Kopf herum, das müßt ihr mir gleich erklären. Wie
27kömmt es doch, daß wenn man in eine Tonne, die z.B. 20 Pfund
28wiegt, und mit Wasser gefüllt ist, welches auch 20 | Pfund wiegt,33
29einen Stein von 10 Pfund wirft, alles zusammen nun 50 Pfund
30wiegt; wirft man aber einen Fisch von 10 Pfund hinein, so wiegt
31es nicht mehr und nicht weniger als vorher, als 40 Pfund? Der