1Theorie vom Lichte.328
2§. 307.
3Meinungen der Alten.
4Pythagoras (gestorb. 500 J. vor Chr.) und nach ihm die Pytha-
5goräer, glaubten, daß sich von der Oberfläche der Gegenstände
6immer Theile absonderten, die ins Auge kämen.
7Demokrit (gest. 380 J. v. Chr.) und Epikur, (gest. 270 J. v. Chr)
8waren der Meinung, daß das Sehen durch feine Bilderchen, die
9von den Gegenständen immerfort ins Auge flössen, geschehe.
10Siehe Lucret.de rer. nat.11, 4.
11Empedokles, (um d. J. 444 v. Chr.) Plato (gest. 345 J. v. Chr.)
12und Hipparch (um d. J. 160 v. Chr.), dachten sich sowohl aus
13den Augen, als aus den Gegenständen Ausströmungen von Licht.
14Bey|de begegnen einander und empfehlen sich dann.329
15Aristoteles (gest. 320 J. v. Chr.) Meinung ist unbestimmt. Er
16sagt, (de anima lib.11.cap.2.) daß zwischen dem leuchtenden
17Körper und dem sinnlichen Organ ein Mittel seyn müsse, so wie
18beym Schall und Geruch, und daß, wenn ein Vakuum zwischen
19beyden statt fände, wir gar nichts sehen würden.
20Die Stoiker, deren Ahnherr Zeno von Cittium (gest. 263 J. v.
21Chr.) ist, behaupteten, daß das Licht aus den Augen ausflöße,
22sich zwischen demselben und den Gegenständen kegelförmig ver-
23breite, und daß man also damit, wie durch einen Stab – wie
24durch Schneckenhörner – die Gegenstände befühle. Bekanntlich
25hat in den neueren Zeiten, der famose Marat, diese Hypothese,
26als seine eigne Erfindung wieder aufgewärmt. Laplace der große
27Mathematiker gab ihm einmahl eine Ohrfeige. | Da sagte man:330
28das möchte wohl das Licht gewesen seyn, das aus seinen Augen
29sprang. – Er stellte sich nähmlich vor, daß, wenn wir wohin sehen,
30so flöße gleichsam das Feuer aus unsern Augen hin auf die Gegen-
31stände, und machte uns dadurch dieselben sichtbar.
32Bey den Römern ist nichts zu hohlen. Sie behalfen sich mit den
33von den Griechen entlehnten Systemen und Hypothesen.