Georg Christoph Lichtenberg

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Seite 351

Band 2 - Teil II - Vom Lichte

VIII. Vom Lichte. §. 314.
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1gen. Man sieht auf einem Bogen Pa|pier, einen schwarzen Punkt352
2in einiger Entfernung nicht; zieht man aber eine Linie dazu, so
3sieht man ihn. – Eben so sieht man einen Strick in der Ferne, ob
4man gleich einzelne Theile desselben nicht sehen würde. – So sieht
5man auch Sterne von 5ter und 6ter Größe, wenn sie neben einem
6großen Stern stehen, die man sonst nicht sehen würde. – So sah
7Lichtenberg von seinem Gartenhause aus, hinter Bovden, zwi-
8schen dem grünen Felde die gelben Blümchen, die er einzeln gewiß
9nicht würde gesehen haben. – Dieß Alles ist in der That nicht so
10leicht zu erklären, als man Anfangs denken sollte. Die Linie, der
11Strick u.s.w. besteht ja aus einzelnen Punkten und Theilen.
12§. 316. 317.
13Entfernung der Gegenstände.
14Auf den Umstand, daß wir die Entfernung eines Gegenstandes,
15auch aus | der Menge der Dinge schließen, die wir zwischen ihm353
16und uns erblicken, gründet sich das bekannte Phänomen, daß der
17Mond, wenn er Abends über den Horizont herauf kömmt, so
18groß – »wie ein Mühlrad,« hingegen im Meridian, viel kleiner
19erscheint. Eigentlich ist er vielmehr am Horizont kleiner, als im
20Meridian. – Daß die Dünste oder die Luft hievon die Ursache
21seyen, ist leeres Geschwätz. Die wahre Ursache ist vielmehr: es ist
22Raisonnement. Wir können durchaus nicht Entfernungen sehen,
23sondern schließen sie blos. Es gehöret aber viel Uebung dazu,
24Empfindung und Räsonnement von einander zu trennen. Man
25zeichne sich doch den Mond, ein Mühlrad, einen Teller, und einen
26Mattir,∗unter einerley Sehewinkel. Was in aller Welt hat man
27nun für ein Recht, den Mond oder das Mühlrad für größer zu
28halten, als den Mattir? Un|ser Urtheil richtet sich ja blos nach354
29dem Bilde auf der Tunika retina, und auf dieser erscheinen alle
30diese Gegenstände gleich groß. Man kann ja mit einem Mattir den
31halben Himmel bedecken. – Daß man nun aber doch das Mühlrad
32oder den Teller für größer hält, als den Mattir, ist ein bloßer Ver-
33nunftschluß. Der Teller war einmahl weiter von uns entfernt, als
34der Mattir, wir mußten die Hand darnach ausstrecken, wir gingen
35vorbey: nun sehen wir beyde unter einerley Winkel, und schließen
36also, daß der Teller größer seyn müsse. – Bey dem Mond nun
37sind die nahen Berge, Bäume, Häuser oder andere Gegenstände

Textkritischer Kommentar

Textkritischer Kommentar (Randtext)

Anmerkungen

351 ∗ 
351
1Eine kleine silberne Scheidemünze im Hannöverischen.
anmerkung 241793
798054 243901 2

Anmerkungen

Herausgeberkorrekturen am Drucktext

Marginalien zur sechsten Auflage

Anmerkungen von Lichtenberg

Registereinträge

0 243901 Sachregister ~ Größe, scheinbare. 3005 2 351 24-31 Man zeichne sich doch den Mond, ein Mühlrad, einen Teller, und einen Mattir, ∗ unter einerley Sehewinkel. Was in aller Welt hat man nun für ein Recht, den Mond oder das Mühlrad für größer zu halten, als den Mattir? Un|ser Urtheil richtet sich ja blos nach 354 dem Bilde auf der Tunika retina, und auf dieser erscheinen alle diese Gegenstände gleich groß. Man kann ja mit einem Mattir den halben Himmel bedecken. siehe Gesamtregister.
0 243901 Sachregister ~ Sehen ~ Entfernung bzw. Größe schätzen. 4336 2 351 13 wichtig Entfernung siehe Gesamtregister.
0 243901 Personenregister ~ Lichtenberg, Georg Christoph ~ Biographisches ~ Garten(haus) ~ Beobachtung über das Sehen. 22933 2 351 7 kapitalis Lichtenberg siehe Gesamtregister.
0 243901 Sachregister ~ Mondtäuschung. 22734 2 351 16-19 das bekannte Phänomen, daß der Mond, wenn er Abends über den Horizont herauf kömmt, so groß – »wie ein Mühlrad,« hingegen im Meridian, viel kleiner erscheint siehe Gesamtregister.
0 243901 Sachregister ~ Mondtäuschung. 22734 2 351 36-37 1 Bey dem Mond nun sind die nahen Berge, Bäume, Häuser oder andere Gegenstände siehe Gesamtregister.

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