15. Warum endlich zur Zeit des Neu- und Vollmonds die Fluth
2so stark, zur Zeit der Quadraturen aber so schwach ist. Dort
3kömmt nähmlich auch die Wirkung der Sonne auf das Wasser
4in Betrachtung. Sie ist zwar, wegen der großen Entfernung der
5Sonne von der Erde weit geringer, als diejenige des Mondes.
6Aber sobald sie doch mit dieser zusammenfällt, vergrößert sie
7dieselbe. In den Quadraturen hingegen wirken beyde Weltkör-
8per einander | entgegen. Wäre der Zug des Mondes nicht stär-170
9ker als jener der Sonne, so würden beyde Wirkungen einander
10ganz aufheben. So aber bleibt es nur bey einer Verminderung
11derselben. – Trift es sich daß der Neu- oder Vollmond gerade
12in der Erdnähe ist: so müssen natürlich die Springfluthen noch
13größer ausfallen, weil ja da die Sonne der Erde weit näher
14ist. – Eben so ists in Ansehung der Winter- und Sommer-
15Sonnenwende. Dort ist nähmlich die Sonne der Erde näher,
16als hier; es muß daher auch ihre Wirkung auf Ebbe und Fluth
17größer seyn. In England hat man auf der Themse Mühlen die
18durch den Mond getrieben werden. Gewöhnlich schwillt die
19Themse durch die Fluth eben so sanft auf, wie die Elbe und die
20Weser. Aber bey engen Pässen, Brücken, häuft sich das Wasser
21in der Themse sehr schnell hoch an. Dieser Umstand wird denn
22zu | Mühlen benutzt. – Bey dieser Gelegenheit geschieht es171
23auch, daß junge Herren mit verwegenen Matrosen durch die
24Bogen der Brücke fahren. – Eine ähnliche Mühle, die durch
25Ebbe und Fluth in Bewegung gesetzt wird, findet sich auch
26in Bourdeaux. Sie kostete 2 Millionen Thaler. Siehe darüber
27Arthur Young’s Travels during the years1787, 1788and
281789undertaken more particularly, with a view of ascertaining
29the cultivation, wealth, resources and national prosperity of
30the Kingdom of France. London1792, 570 S. 4. (Allgem. Lit.
31Zeit. 1793. 2 B. S. 577.)
32Ganz verschieden von den Wirkungen der Ebbe und Fluth sind
33die Meeresströme, über deren Ursache und Entstehung man noch
34so gut, als nichts weiß. Sie sind bey Windstillen sehr gefährlich.
35Im Mittelländischen Meere ist ein starker Strom gegen die Küsten
36von | Afrika zu. Vielleicht sind auch deßwegen die Galeeren da so172
37gewöhnlich. Dieß sind nähmlich Ruderschiffe mit Segeln zugleich;
38der Ruder giebt es mehrere Etagen über einander. – Der merkwür-
39digste Strom dieser Art geht vom Mexikanischen Golfo über Flo-