Physikalische Geographie, Meteorologie, Theorie der Erde.
928
244477
244479
2
0
1daß von den Sonnenstrahlen bey weitem der größeste Theil des
2Mehr oder Weniger von Hitze auf Erden herrührt, ist eine Erfah-
3rung, die Niemand bezweifeln kann, und auch noch Niemand
4bezweifelt hat. Jedoch freylich darf man nicht glauben, daß die
5Sonne selbst der Ur|quell der Wärme wäre, und uns dieselbe mit334
6ihren Strahlen zuschicke. Nein! diese Strahlen sind nur Lichtstrah-
7len und keine Wärmestrahlen. Aber sie werden das Mittel, durch
8welche Wärme entsteht und fühlbar wird. In, auf, und über unse-
9rer Erde befindet sich nähmlich eine Materie, die erst durch den
10Beytritt der Lichtstrahlen zum Wärmestoff wird. Vorher befindet
11sie sich in einem gefesselten, latenten Zustande, aber durch das
12Hinzukommen dieser Strahlen, wird sie gelöst und frey. Es geht
13mit der Entstehung des Wärmestoffs ungefähr so zu, wie mit
14der Entstehung des Dampfes. Bey noch so vielem Feuer, kann
15ohne Wasser nie ein Dampf entstehen. Eben so kann auch ohne
16eine gewisse Materie auf unserer Erde, die erst gelöset werden
17muß, bey noch so vielen Sonnenstrahlen, nie Wärme entstehen. –
18Diese gewisse Materie auf unserer Erde, nennt Delüc bekannt-
19lich | den Feuerstoff und aus der Verbindung desselben mit dem335
20Lichtstoffe, entsteht der Wärmestoff. – Nimmt man dieses an,
21so wird auf einmahl eine große Menge von Naturerscheinungen
22klar und begreiflich. So leuchtet es z.B. auf der Stelle ein, warum
23es auf hohen Bergen kühler ist, als unten im Thale, da ja, nach
24der gewöhnlichen Vorstellung, das Gegentheil statt finden sollte,
25indem die Sonnenstrahlen auf den Bergen, wegen der reineren
26Atmosphäre, viel besser eindringen können.
27Die Wärme auf Erden, hängt also allerdings zum größten Theile
28von den Sonnenstrahlen ab, aber nur in so ferne, als sie das
29Mittel zur Entbindung des Feuerstoffes werden. Dieser ihr Einfluß
30hingegen richtet sich wieder nach zwey Umständen:
311. nach dem Winkel, unter welchem sie auf die Erde fallen;
322. nach der Zeitdauer, während welcher sie auf dieselbe wirken.336
33In der ersten Hinsicht, bringen natürlich die senkrechten Strahlen
34die größeste Wirkung hervor. Darum ists ja unter dem Äquator,
35und bey uns im Sommer zur Mittagszeit so heiß. Es fallen da die
36Strahlen der Sonne senkrecht auf die Scheitel der Menschen. Die
37schiefen Strahlen können aus einer doppelten Ursache nicht so
38stark wirken, als die senkrechten:
39a. Weil die senkrechten Strahlen sich auf einen engern Raum
40einschränken, als die schiefen. Die Linie AB,Fig. 22. auf wel-