Georg Christoph Lichtenberg

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Seite 930

Band 2 - Teil V - Meteorologie

Physikalische Geographie, Meteorologie, Theorie der Erde.
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1Nähert sich unserm Scheitel die Sonne nach dem kürzesten
2Tage wieder, so kann sie uns damit nicht gleich wieder die Wärme
3auf einmahl geben, die uns ihre Entfernung entzogen hat. Im
4Gegentheil muß die Kälte jetzt erst wachsen, da der einen Hälfte
5der Erdkugel ihr Vorrath an Sommer- und Herbstwärme gleich-
6sam jetzt erst ausgeht, und ihr folglich der Verlust des längern |340
7Genusses der Sonne jetzt erst empfindlich wird.∗Die Erde be-
8kömmt zwar jetzt mit jedem Tage etwas mehr Wärme, bekömmt
9aber damit doch immer einen Ueberschuß an Kälte wegen der
10immer noch sehr langen Nächte, die den schon vorhandenen Grad
11der Erkältung der Erde immer vermehren. Die Kälte wächst so
12fort und erhält sich, bis der Ueberschuß an kalten Nächten, ver-
13glichen mit den immer wachsenden Tagen, so merklich abnimmt,
14daß auch die Kälte abnehmen muß. Nach und nach erwärmt
15sich die Halbkugel immer mehr. Steht uns die Sonne aber im
16Meridian am höchsten, so ist damit noch nicht die größte Hitze
17da. Es tritt nun mit der Hitze eben wieder der Fall ein, der im |341
18Winter mit der Kälte war. Ob sich gleich die Sonne jetzt täglich
19von unserm Scheitel entfernt, so wird die Erwärmung unserer
20Halbkugel doch immer vergrößert. Wir bekommen also noch
21immer einen Ueberschuß an Hitze. Das Bischen um was die Tage
22wachsen, kömmt noch in keinen Betracht. Es wird noch immer,
23den Tag über zu stark eingeheitzt, als daß die Erde die kurze Nacht
24hindurch so geschwind abkühlen könnte. Ehe der Ofen kalt wird,
25wird wieder nachgefeuert. Die größte Hitze kommt daher erst in
26den Hundstagen.
27Eben das ist der Fall an einem einzelnen Sommertage, an wel-
28chem die Sonnenstrahlen um Mittag am stärksten auf die Erde
29fallen. Damit aber nimmt die Hitze nach 12 Uhr nicht gleich
30ab, sondern sie nimmt erst zu und wird zwischen 2 und 3 Uhr
31am stärksten, indem die Masse von Sonnenstrahlen, welche den
32Tag über auf die Erde fallen, | noch immer wächst und zwischen342
332 und 3 Uhr aufs höchste steigt. Es ist hiemit ungefähr derselbe
34Fall, als wenn mir Jemand, der mir 100 Gulden zu zahlen hätte,
35täglich um 1 Gulden weniger gäbe, jedoch so, daß er mir den
36ersten Tag 99 Gulden, am zweyten 98 Gulden und so fort, zahlte.
37Mein Kapital würde dadurch doch immer vermehrt werden, ob
38ich gleich täglich weniger bekomme. Dieß würde so fort gehen,

Textkritischer Kommentar

Textkritischer Kommentar (Randtext)

Anmerkungen

930 ∗ 
930
1In Göttingen wird die Kälte nach Lichtenbergs Erfahrung, gewöhnlich
2erst um den 14. und 15. Januar am stärksten.
anmerkung 242013
798274 244480 2

Anmerkungen

Herausgeberkorrekturen am Drucktext

Marginalien zur sechsten Auflage

Anmerkungen von Lichtenberg

Registereinträge

0 244480 798274 Sachregister ~ Göttingen ~ Temperatur ~ Zeit der geringsten. 25994 2 930 1 * Göttingen siehe Gesamtregister.
0 244480 Sachregister ~ Temperatur ~ Jahresgang. 15500 2 930 1-26 1 Nähert sich unserm Scheitel die Sonne nach dem kürzesten Tage wieder, so kann sie uns damit nicht gleich wieder die Wärme auf einmahl geben, die uns ihre Entfernung entzogen hat. Im Gegentheil muß die Kälte jetzt erst wachsen, da der einen Hälfte der Erdkugel ihr Vorrath an Sommer- und Herbstwärme gleich- sam jetzt erst ausgeht, und ihr folglich der Verlust des längern | 340 Genusses der Sonne jetzt erst empfindlich wird. ∗ Die Erde be- kömmt zwar jetzt mit jedem Tage etwas mehr Wärme, bekömmt aber damit doch immer einen Ueberschuß an Kälte wegen der immer noch sehr langen Nächte, die den schon vorhandenen Grad der Erkältung der Erde immer vermehren. Die Kälte wächst so fort und erhält sich, bis der Ueberschuß an kalten Nächten, ver- glichen mit den immer wachsenden Tagen, so merklich abnimmt, daß auch die Kälte abnehmen muß. Nach und nach erwärmt sich die Halbkugel immer mehr. Steht uns die Sonne aber im Meridian am höchsten, so ist damit noch nicht die größte Hitze da. Es tritt nun mit der Hitze eben wieder der Fall ein, der im | 341 Winter mit der Kälte war. Ob sich gleich die Sonne jetzt täglich von unserm Scheitel entfernt, so wird die Erwärmung unserer Halbkugel doch immer vergrößert. Wir bekommen also noch immer einen Ueberschuß an Hitze. Das Bischen um was die Tage wachsen, kömmt noch in keinen Betracht. Es wird noch immer, den Tag über zu stark eingeheitzt, als daß die Erde die kurze Nacht hindurch so geschwind abkühlen könnte. Ehe der Ofen kalt wird, wird wieder nachgefeuert. Die größte Hitze kommt daher erst in den Hundstagen. siehe Gesamtregister.
0 244480 Sachregister ~ Temperatur ~ Tagesgang. 15501 2 930 27-38 1 Eben das ist der Fall an einem einzelnen Sommertage, an wel- chem die Sonnenstrahlen um Mittag am stärksten auf die Erde fallen. Damit aber nimmt die Hitze nach 12 Uhr nicht gleich ab, sondern sie nimmt erst zu und wird zwischen 2 und 3 Uhr am stärksten, indem die Masse von Sonnenstrahlen, welche den Tag über auf die Erde fallen, | noch immer wächst und zwischen 342 2 und 3 Uhr aufs höchste steigt. Es ist hiemit ungefähr derselbe Fall, als wenn mir Jemand, der mir 100 Gulden zu zahlen hätte, täglich um 1 Gulden weniger gäbe, jedoch so, daß er mir den ersten Tag 99 Gulden, am zweyten 98 Gulden und so fort, zahlte. Mein Kapital würde dadurch doch immer vermehrt werden, ob ich gleich täglich weniger bekomme. Dieß würde so fort gehen, siehe Gesamtregister.
0 244480 798274 Personenregister ~ Lichtenberg, Georg Christoph ~ Biographisches ~ Beobachtung der Witterung. 25993 2 930 * kapitalis Lichtenberg siehe Gesamtregister.
0 244480 Sachregister ~ Hundstage. 25995 2 930 26 Hundstagen siehe Gesamtregister.
1467299000162

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