Georg Christoph Lichtenberg

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Seite 950

Band 2 - Teil V - Theorie der Erde

Physikalische Geographie, Meteorologie, Theorie der Erde.
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1Corporibus caecis igitur natura gerit res.
2Durch unsichtbaren Stoff führt die Natur ihr Werk.
3Nimmt man alles dieses zusammen, so wird man keine
4Mühe haben zu glauben, daß, so wie der schönste Theil
5der Erde aus Dunst gerinnt, und aus geronnenem Dunst
6anschießt, auch der gröbere aus Dunst geronnen und ange-
7schossen seyn könne. Sehen wir nicht alle Jahre den Schnee
8aus Dunst zusammen gehen und Flötze bilden, in denen
9man an manchen Orten sogar Jahrgänge unterscheiden
10kann? Ist das etwa leichter zu | erklären oder begreifli-396
11cher, als daß es einmahl Granit oder körnigen Kalkstein
12oder Oolithen gehagelt oder geschneyt haben könne aus
13Dunst? Oder daß, wie aus Franklins Vorstellungen folgt,
14die Milchstraße einst wie in einem Wurf gegossen worden
15sey, wie Patent-Schrot∗? Daß der Schnee so vergänglich ist,
16ist kein Einwurf. Er würde bleiben, wenn die Wärme so
17gebunden würde, wie es jetzt die Flüssigkeiten sind, die
18jene Körper in Dunstgestalt hielten. Ich sehe fürwahr nicht
19ein, warum sich alle Gebirgsarten gerade aus | dem Was-397
20ser sollen niedergeschlagen haben, daß vermuthlich selbst
21ein späterer Niederschlag ist, wovon der Proceß so nahe
22an den Gränzen zwischen den Begebenheiten jener Zeiten
23und der unsrigen liegt, daß er sich tagtäglich noch bis auf
24diese Stunde wiederholt. Wir leben jetzt in der Zeit einer
25Flötzbildung, und Jahrtausende werden vergehen, ehe sie
26vollendet seyn wird. Könnten nicht Zeiten gewesen seyn,
27wo Ganggebirge so aufstiegen und fielen, wie jetzt Wasser,
28Schnee und Eis, oder wie Thier und Pflanzenmasse, die jetzt
29ebenfalls aufsteigt und fällt, und wenn dieses aufhört ein
30Flötz wird? So möchte am Ende Eis den Beschluß machen,
31oder die Bestandtheile der Atmosphäre, die wir nicht ken-
32nen. Ich sage den Beschluß; vielleicht nichts als einen Win-
33ter, mit dem die Sänger der Jahrszeiten ihre Gesänge eben
34so gut hätten anfangen können, als sie damit gewöhnlich
35schlie|ßen. Der Winter ist sicherlich nur zur Hälfte Ende,398

Textkritischer Kommentar

Textkritischer Kommentar (Randtext)

Anmerkungen

950 ∗ 
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1Patent shot. Obgleich das Verfahren bey dieser Hagelgießerey nicht ganz,
2bekannt ist: so weiß man doch so viel, daß das geschmolzene Bley in
3einem hohen Gebäude durch die Luft herabgegossen wird, da es sich dann
4wie Quecksilber zu Kügelchen bildet, die unten von Wasser aufgefangen
5werden. Er soll von ungemeiner Schönheit seyn.
anmerkung 242016
798277 244500 2

Anmerkungen

Herausgeberkorrekturen am Drucktext

Marginalien zur sechsten Auflage

Anmerkungen von Lichtenberg

Registereinträge

0 244500 798277 Sachregister ~ Blei ~ Schrotherstellung. 29240 2 950 2 * Bley siehe Gesamtregister.
0 244500 Sachregister ~ Erde (Erdkugel) ~ Entstehung ~ nach Franklin. 29220 2 950 1-35 lichtenberg 1 1 Corporibus caecis igitur natura gerit res. Durch unsichtbaren Stoff führt die Natur ihr Werk. Nimmt man alles dieses zusammen, so wird man keine Mühe haben zu glauben, daß, so wie der schönste Theil der Erde aus Dunst gerinnt, und aus geronnenem Dunst anschießt, auch der gröbere aus Dunst geronnen und ange- schossen seyn könne. Sehen wir nicht alle Jahre den Schnee aus Dunst zusammen gehen und Flötze bilden, in denen man an manchen Orten sogar Jahrgänge unterscheiden kann? Ist das etwa leichter zu | erklären oder begreifli- 396 cher, als daß es einmahl Granit oder körnigen Kalkstein oder Oolithen gehagelt oder geschneyt haben könne aus Dunst? Oder daß, wie aus Franklins Vorstellungen folgt, die Milchstraße einst wie in einem Wurf gegossen worden sey, wie Patent-Schrot ∗ ? Daß der Schnee so vergänglich ist, ist kein Einwurf. Er würde bleiben, wenn die Wärme so gebunden würde, wie es jetzt die Flüssigkeiten sind, die jene Körper in Dunstgestalt hielten. Ich sehe fürwahr nicht ein, warum sich alle Gebirgsarten gerade aus | dem Was- 397 ser sollen niedergeschlagen haben, daß vermuthlich selbst ein späterer Niederschlag ist, wovon der Proceß so nahe an den Gränzen zwischen den Begebenheiten jener Zeiten und der unsrigen liegt, daß er sich tagtäglich noch bis auf diese Stunde wiederholt. Wir leben jetzt in der Zeit einer Flötzbildung, und Jahrtausende werden vergehen, ehe sie vollendet seyn wird. Könnten nicht Zeiten gewesen seyn, wo Ganggebirge so aufstiegen und fielen, wie jetzt Wasser, Schnee und Eis, oder wie Thier und Pflanzenmasse, die jetzt ebenfalls aufsteigt und fällt, und wenn dieses aufhört ein Flötz wird? So möchte am Ende Eis den Beschluß machen, oder die Bestandtheile der Atmosphäre, die wir nicht ken- nen. Ich sage den Beschluß; vielleicht nichts als einen Win- ter, mit dem die Sänger der Jahrszeiten ihre Gesänge eben so gut hätten anfangen können, als sie damit gewöhnlich schlie | ßen. Der Winter ist sicherlich nur zur Hälfte Ende , siehe Gesamtregister.
0 244500 Sachregister ~ Erde (Erdkugel) ~ Erdzeitalter. 29241 2 950 24-35 lichtenberg Wir leben jetzt in der Zeit einer Flötzbildung, und Jahrtausende werden vergehen, ehe sie vollendet seyn wird. Könnten nicht Zeiten gewesen seyn, wo Ganggebirge so aufstiegen und fielen, wie jetzt Wasser, Schnee und Eis, oder wie Thier und Pflanzenmasse, die jetzt ebenfalls aufsteigt und fällt, und wenn dieses aufhört ein Flötz wird? So möchte am Ende Eis den Beschluß machen, oder die Bestandtheile der Atmosphäre, die wir nicht ken- nen. Ich sage den Beschluß; vielleicht nichts als einen Win- ter, mit dem die Sänger der Jahrszeiten ihre Gesänge eben so gut hätten anfangen können, als sie damit gewöhnlich schlie | ßen. Der Winter ist sicherlich nur zur Hälfte Ende , siehe Gesamtregister.
0 244500 Personenregister ~ Franklin, Benjamin ~ Entstehung der Erde. 18496 2 950 13 lichtenberg kapitalis Franklin siehe Gesamtregister.
0 244500 Sachregister ~ Milchstraße (via lactea). 3803 2 950 14 lichtenberg Milchstraße siehe Gesamtregister.
0 244500 Personenregister ~ Lichtenberg, Georg Christoph ~ Biographisches ~ Gedanken über die Entwicklung der Erde. 29175 2 950 24-35 lichtenberg 1 Wir leben jetzt in der Zeit einer Flötzbildung, und Jahrtausende werden vergehen, ehe sie vollendet seyn wird. Könnten nicht Zeiten gewesen seyn, wo Ganggebirge so aufstiegen und fielen, wie jetzt Wasser, Schnee und Eis, oder wie Thier und Pflanzenmasse, die jetzt ebenfalls aufsteigt und fällt, und wenn dieses aufhört ein Flötz wird? So möchte am Ende Eis den Beschluß machen, oder die Bestandtheile der Atmosphäre, die wir nicht ken- nen. Ich sage den Beschluß; vielleicht nichts als einen Win- ter, mit dem die Sänger der Jahrszeiten ihre Gesänge eben so gut hätten anfangen können, als sie damit gewöhnlich schlie | ßen. Der Winter ist sicherlich nur zur Hälfte Ende , siehe Gesamtregister.
0 244500 Sachregister ~ Neptunismus / Vulkanismus. 15710 2 950 18-21 lichtenberg Ich sehe fürwahr nicht ein, warum sich alle Gebirgsarten gerade aus | dem Was- 397 ser sollen niedergeschlagen haben, daß vermuthlich selbst ein späterer Niederschlag ist siehe Gesamtregister.
1475660878091

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