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„Hr. Dr. Hertz in Berlin hat bey dem faulen Fieber, welches
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vor einigen Jahren allhier herrschte, gefunden, daß Patienten,
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deren fünf zuweilen in einem Loche lagen, wo gar keine reine
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Luft zu verschaffen war, leichter geheilt wurden, als Leute in
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geräumigen Zimmern.“ Hr. Prof. Groschke citirt sogar hierbey
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meine Bemerkung, und Hr. Dr. Brandis versicherte mich hier in
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Göttingen dasselbe gefunden zu haben. Das Maximum in der
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Sache muß hier sehr bedacht werden, um so mehr, da diese
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Beobachtungen zeigen, daß man selbst schon bloß in geräumigen
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Zimmern über dasselbe hinaus kommen kann, und was würde
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nicht geschehen, wenn junge, unverständige Aerzte, die etwas
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von Lebensluft gehört haben, einen solchen Patienten dieselbe
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gar einathmen ließen? Die reine Luft ist für diese Kranken eine
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Arzney, die so wie der Wein in manchen Krankheiten mit Maaße
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gegeben nützt, in jedem Uebermaaße schaden und tödlich wer-
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den kann. Als ich über diese Sache nachdachte, fiel mir ein ande-
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res Phänomen bey, das, wo ich nicht irre, hieraus erklärt werden
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kann, und keine geringe | XXXIBestättigung von Crawfords Lehre
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hierüber abgiebt. In den Weinländern wissen die gemeinsten
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Leute, daß man sich hüten müsse, sich in Kellern mit Wein trac-
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tiren zu lassen, indem man nachher an der freyen Luft sich über
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alle Maaße berauscht befinde. Das Factum leidet keinen Zweifel.
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Was ist aber die Ursache? Ich sollte denken folgende: In jenen
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großen Kellern, wo Weine von allerley Alter durch einander
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liegen, und immer welche noch fixe Luft absetzen, ist die Luft
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beständig etwas verdorben, ja zu Zeiten bekanntlich sogar töd-
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lich. Der Gast also, der seinen Wein in einer halb verdorbnen
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Luft trinkt, kann, (Crawfords Gedanken völlig gemäß) von
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demselben nicht so sehr erhitzt und berauscht werden, als in der
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freyen, er wird also folglich auch mehr trinken, als gewöhnlich.
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Kömmt er nun herauf in die freye Luft, so wird mehr Phlogiston
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abgesetzt und mehr Feuermaterie eingenommen, und der Rausch
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stellt sich oft schon auf der obersten Staffel der Kellertreppe mit
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einem male, und nach Maaßgabe des eingenommenen, oft sehr
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heftig ein. Etwas beklemmt wird sich aber ein genauer Beobach-
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ter im Keller allemal befinden. Auch könnte schon selbst das
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lange Einathmen einer etwas verdorbnen Luft, den Körper dispo-
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niren, beym ersten Zutritt zur reinen den erlittenen Schaden mit