II. Über die Körper überhaupt. §. 19.
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1Ob dem Raum objektive Realität zukomme, oder ob es nur
2Folge von unserer Sinnlichkeit, also nur Form der Anschauung
3sey, was wir uns unter demselben denken, soll weiter unten vor-
4kommen. (§. 22.) Für jetzt wollen wir es so nehmen, wie es | Tau-41
5sende thun, und selbst philosophische Physiker z.B. Muschen-
6broeck gethan haben.
7Die Ausdehnung schätzt man nach der Breite, Höhe und Länge,
8und man kann sie durch drey Linien, die sich in einem Punkt
9rechtwinklich durchkreuzen, sinnlich machen. Eine physische
10Ebene hat also auch die Ausdehnung, und ist daher von der
11mathematischen sehr verschieden.
12Die Ausdehnung ist allen Körpern eigen, so wenig es auch
13bey einigen zu seyn scheint. Die dünnsten Körper, die man sich
14denken kann, haben auch Höhe oder Dicke. So z.B. die Goldblätt-
15chen. Man lege 10000 auf einander, presse sie tüchtig zusammen,
16messe dann die Höhe oder Dicke mit dem Zirkel, dividire die-
17selbe mit der Anzahl der einzelnen Blättchen, so hat man die
18Dicke von einem Goldblättchen. Auf die nämliche Weise kann
19man die Dicke | eines Blattes in einem Buche bestimmen. Auf42
20dieselbe Weise die Dicke eines Haares. Man wickle es z.B. auf
21ein dünnes Bleystift oder eine Glasröhre, schiebe es zusammen,
22nachdem man es mit dem Vergrößerungsglase besehen hat. Nun
23messe man mit dem Zirkel, dann zähle man mit dem Glase die
24einzelnen Fäden. Jetzt dividire man die Anzahl der Haare mit
25der gefundenen Länge, so ergiebt sich die Dicke eines einzelnen
26Haares. Die des menschlichen Haares wird auf diese Art150Linie
27gefunden. – So hat Benjamin Thompson, der nunmehrige Earl
28of Rumford, die Dicke eines Seidenwurmfadens, wie er aus
29dem Munde eines Seidenwurms kömmt, gemessen, und ihn11824
30Engl. Zoll dick gefunden. SiehePhilosophical. Transact.77. Band.
31Rumford ist ein gebohrner Amerikaner, | und ein Mann von43
32großem Vermögen, das er auf die Untersuchung der Natur ver-
33wendet. Im Jahr 1794 den 18. Jan, wurde er Graf, und das Jahr
34darauf war er in Göttingen.
35Solche Messungen sind keine Kleinigkeit. Man kann nun nach
36so einem Maaße verschiedene Vergleichungen anstellen, ohne vor-
37her messen zu dürfen. Das menschliche Auge kann es in der Schät-
38zung solcher Messungen zu großer Fertigkeit bringen.