1Die Zahlen sind nach Desaguliers angegeben. Andere gaben
2dieselben anders an. Archenholz in seinem Italien behauptet, die
3Thürme wären so gesunken und nicht so gebauet worden. –
4Indeß so etwas ist gar keine Seltenheit. Wo jetzt das (Schnaps-)
5Conradische Haus (in Göttingen) steht, stand ehemals eben so
6ein schiefes Haus. Man hat sonst in der Theorie der schönen Kün-
7ste behaupten wollen, daß die Baukunst keine Affekten erregen
8könne. Allein hier geschah es wirklich. Man konnte darunter nie
9vorheygehen, | ohne ein Vater unser zu bethen. Manche Leute209
10nahmen sogar öfters einen Umweg um die Johanniskirche. Inwen-
11dig hämmerte ein Kerl – ohne Furcht und Angst. – Auf dem Wege
12nach Pyrmont, von Oßnabrück bis Mele steht auch so ein schiefer
13Wartthurm. Der ist aber so gebaut worden.
14Eine Kugel kann nicht anders, als in einer horizontalen Ebene
15ruhen; auf jeder andern muß sie gleich fortgehen oder fallen, weil
16ihr Schwerpunkt nicht unterstützt ist. Auf der schiefen Ebene CB
17(Fig. 24) kann also die Kugel A nicht ruhen. Dieß würde nur
18dann geschehen können, wenn die beyden Linien – die Richtung
19der Schwere ca und das Perpendikel cd auf den Berührungspunkt
20– in eine zusammen fielen. – Indeß man hat verschiedenes zur
21Täuschung erfunden, daß dieser Theorie widersprechen soll. So
22z.B. läuft ein Cylinder von | Holz, dessen eine Hälfte aber mit210
23Bley gefüllt ist, auf einer schiefen Fläche aufwärts oder scheint
24wenigstens aufwärts zu laufen. Natürlich, sein Schwerpunkt liegt
25ja jetzt nicht mehr in der Axe, wie vielleicht vorhin. – Noch
26versteckter geschieht dieß mit einem doppelten Kegel CD (Fig. 22)
27der über zwey schiefe Flächen EG und EF aufwärts zu rollen
28scheint, indem sein Schwerpunkt, welcher in der That sinkt, Stel-
29len, die seinen Spitzen näher liegen, an höhere Punkte der beyden
30Flächen bringt. Lichtenberg ließ sich auch ein kleineres Modell
31von Messing machen, wo man die Kegel aus einander nehmen,
32mit ihren Spitzen C und D zusammen setzen, und also auch das
33Gegentheil zeigen kann. Allein der Versuch ist äußerst schwer
34anzustellen, weil das Ding sogleich hinabglitscht. (Siehe hierüber
35die Note §. 96).
36Eine andere Anwendung geschieht bey der Wasseruhr. Das Rad211
37braucht bey der Lichtenbergischen 15 Minuten zum Herablau-
38fen. Es ist von Glas und mit Quecksilber gefüllt, Uebrigens sehr
39schwer zu blasen. (Siehe Fig. 23).
40Eine sehr sinnreiche Anwendung ist auch die chinesische Puppe.
41Sie gründet sich ganz auf dem Mechanismus der Wasseruhr. Die