Georg Christoph Lichtenberg

Band 2 - Teil I - Statik und Mechanik

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will. Sie werden auf folgende Art dazu abgerichtet: Man bindet
die beyden Beine in gehöriger Distanz zusammen, dann peitscht
man sie, da müssen sie es wohl lernen, wenn sie nicht fallen
wollen. – Daß man es für unmöglich gehalten hat, mag wohl
daher gekommen seyn, weil man sich unrichtige Begriffe vom Bau
des Körpers und besonders der Beine des Pferdes gemacht hat.
Sie kommen beym Laufen, fast in eine gerade Linie zu liegen,
ja nicht wie beym Maulwurf. Sie dürfen sich also nur ein wenig
gegen die beyden stehenden Beine hinüber bewegen, so | fällt218
ihr Schwerpunkt in die Linie zwischen denselben. – Fällt doch
auch der Mensch nicht um, wenn er das eine Bein in die Höhe
hebt. – Bey vollem Galopp heben die Pferde gar die Vorderbeine
zugleich auf. Dieß ist wirklich viel sonderbarer! – Wenn man
einem Hunde die zwey Beine auf einer Seite abnehme, so würde
er wahrscheinlich auf den zwey übrigen gehen. – Eine Ziege geht
auf der schmalsten Latte, dreht sich wohl noch auf derselben um.
Ein ähnliches Phänomen, wie das bey den Paßgängern, sieht
man sehr oft auch noch an anderen Geschöpfen auf der Straße
z.B. bey der Portchaise. Diese kann man immer als ein vierfüßiges
Thier betrachten. Die Kerls heben öfters einerley Beine zugleich
auf. Das Nämliche thun auch sehr oft die Zimmerleute, wenn
sie einen Balken tragen. – Aber am aller|besten kann man sich219
dadurch überzeugen, wenn man es selbst versucht, und auf allen
Vieren kriecht, welches freylich im Collegio nicht gut angeht.
Aus der Theorie des Schwerpunktes kann auch eine Eigen-
schaft der Wage erklärt werden, welches oben noch nicht angieng
– nämlich das Schwanken der Wage. Wenn man das Lineal auf
seinem Finger balanciren läßt und dasselbe einmal ein Bischen
das Uebergewicht bekömmt, so stellt sich das Gleichgewicht nicht
wieder her, sondern das Lineal glitscht hinunter. Dieß darf bey
der Wage nicht geschehen und geschieht auch nicht, vermöge
der Theorie des Schwerpunktes. Wenn der Unterstützungspunkt
gerade im Schwerpunkt liegt, so bleibt die Wage in jeder Rich-
tung stehen. Soll sie aber auch zurücke gehen können: so muß
sie so eingerichtet werden, daß der | Unterstützungspunkt etwas220
oberhalb dem Schwerpunkte zu liegen kömmt. Bey dem Lineale
beﬁndet er sich, in dem eben erwähnten Falle unter demselben.

Registereinträge

0 243642 Sachregister ~ Schwerpunkt ~ Paßgang. 18893 2 92 1-24 1 will. Sie werden auf folgende Art dazu abgerichtet: Man bindet die beyden Beine in gehöriger Distanz zusammen, dann peitscht man sie, da müssen sie es wohl lernen, wenn sie nicht fallen wollen. – Daß man es für unmöglich gehalten hat, mag wohl daher gekommen seyn, weil man sich unrichtige Begriffe vom Bau des Körpers und besonders der Beine des Pferdes gemacht hat. Sie kommen beym Laufen, fast in eine gerade Linie zu liegen, ja nicht wie beym Maulwurf. Sie dürfen sich also nur ein wenig gegen die beyden stehenden Beine hinüber bewegen, so | fällt 218 ihr Schwerpunkt in die Linie zwischen denselben. – Fällt doch auch der Mensch nicht um, wenn er das eine Bein in die Höhe hebt. – Bey vollem Galopp heben die Pferde gar die Vorderbeine zugleich auf. Dieß ist wirklich viel sonderbarer! – Wenn man einem Hunde die zwey Beine auf einer Seite abnehme, so würde er wahrscheinlich auf den zwey übrigen gehen. – Eine Ziege geht auf der schmalsten Latte, dreht sich wohl noch auf derselben um. Ein ähnliches Phänomen, wie das bey den Paßgängern, sieht man sehr oft auch noch an anderen Geschöpfen auf der Straße z.B. bey der Portchaise. Diese kann man immer als ein vierfüßiges Thier betrachten. Die Kerls heben öfters einerley Beine zugleich auf. Das Nämliche thun auch sehr oft die Zimmerleute, wenn sie einen Balken tragen. – Aber am aller|besten kann man sich 219 dadurch überzeugen, wenn man es selbst versucht, und auf allen Vieren kriecht, welches freylich im Collegio nicht gut angeht. siehe Gesamtregister.

0 243642 Sachregister ~ Unterlage (beim Hebel). 4609 2 92 35 Unterstützungspunkt siehe Gesamtregister.

0 243642 Personenregister ~ Lichtenberg, Georg Christoph ~ Biographisches ~ Vorlesung/Kolleg ~ allgemein. 17170 2 92 24 Collegio siehe Gesamtregister.

0 243642 Sachregister ~ Waage ~ gleicharmige Waage. 4748 2 92 26 Wage siehe Gesamtregister.

0 243642 Sachregister ~ Biomechanik ~ Schwerpunkt. 5699 2 92 1-24 1 will. Sie werden auf folgende Art dazu abgerichtet: Man bindet die beyden Beine in gehöriger Distanz zusammen, dann peitscht man sie, da müssen sie es wohl lernen, wenn sie nicht fallen wollen. – Daß man es für unmöglich gehalten hat, mag wohl daher gekommen seyn, weil man sich unrichtige Begriffe vom Bau des Körpers und besonders der Beine des Pferdes gemacht hat. Sie kommen beym Laufen, fast in eine gerade Linie zu liegen, ja nicht wie beym Maulwurf. Sie dürfen sich also nur ein wenig gegen die beyden stehenden Beine hinüber bewegen, so | fällt 218 ihr Schwerpunkt in die Linie zwischen denselben. – Fällt doch auch der Mensch nicht um, wenn er das eine Bein in die Höhe hebt. – Bey vollem Galopp heben die Pferde gar die Vorderbeine zugleich auf. Dieß ist wirklich viel sonderbarer! – Wenn man einem Hunde die zwey Beine auf einer Seite abnehme, so würde er wahrscheinlich auf den zwey übrigen gehen. – Eine Ziege geht auf der schmalsten Latte, dreht sich wohl noch auf derselben um. Ein ähnliches Phänomen, wie das bey den Paßgängern, sieht man sehr oft auch noch an anderen Geschöpfen auf der Straße z.B. bey der Portchaise. Diese kann man immer als ein vierfüßiges Thier betrachten. Die Kerls heben öfters einerley Beine zugleich auf. Das Nämliche thun auch sehr oft die Zimmerleute, wenn sie einen Balken tragen. – Aber am aller|besten kann man sich 219 dadurch überzeugen, wenn man es selbst versucht, und auf allen Vieren kriecht, welches freylich im Collegio nicht gut angeht. siehe Gesamtregister.

0 243642 Sachregister ~ Pferd ~ Galopp. 18858 2 92 12 Pferde siehe Gesamtregister.

0 243642 Sachregister ~ Ziege. 18856 2 92 15 Ziege siehe Gesamtregister.

Georg Christoph Lichtenberg

Band 2 - Teil I - Statik und Mechanik

Textkritischer Kommentar

Textkritischer Kommentar (Randtext)

Anmerkungen

Anmerkungen

Herausgeberkorrekturen am Drucktext

Marginalien zur sechsten Auflage

Anmerkungen von Lichtenberg

Registereinträge

Abbildungen

Digitalisate