1müßte ein Pendel seyn, das Minuten schwingen sollte? Antwort:
212:602=3 : x
3Also x = 10800 Fuß. Man müßte folglich ein Minuten-Pendel viel
4höher aufhängen, als der Brocken über den Horizont von Göttin-
5gen hoch liegt; denn dieß beträgt nur 3275 Fuß. – Umgekehrt,
6weiß man die Länge des Pendels, so kann man auch die Schwin-
7gungszeit desselben berechnen. Man braucht das Verhältniß nur
8umzukehren.
9Mit Pendeln kann man also auch jeden Takt schlagen. Hier-307
10auf beruhen die musikalischen Zeitmesser. Man sieht das Ding
11schwingen, wenn man es auch nicht ansieht. Burja, reformirter
12Prediger zu Berlin, hat unlängst eine Beschreibung von einem
13solchen Zeitmesser herausgegeben. – Vorzeigung von einem aus
14der Uffenbachischen Sammlung. Ein langes Ding!
15Wenn man Uhren auf hohe Berge bringt, so wird man darnach
16schon auch die Abnahme der Schwere berechnen können. Indeß,
17es ist dabey viele Vorsicht nöthig, wegen der Unvollkommenheit
18der Uhren, wegen des Einflusses von Wärme und Kälte auf die-
19selben. Die Schwere nimmt nämlich verkehrt, wie die Quadrate
20der Zeiten, rückwärts von der Erde ab. Beym | Galileischen308
21Gesetz, wie schon oben erinnert ward, darf man sich also nicht
22zu weit von der Erde entfernen. Indeß die Franzosen wollten
23doch von diesem Allen das Gegentheil behaupten. Es ist eine von
24den allerseltsamsten Geschichten, die ihres Gleichen weder in der
25Physik, noch überhaupt in der ganzen Geschichte der Philosophie
26hat. Sie steht im 45ten Briefe von: Physikalische und moralische
27Briefe über die Geschichte der Erde und des Menschen, an Ihre
28Majestät die Königinn von Großbritannien, von Joh. Andr. de
29Luc. Aus dem Französischen. Leipzig 1781. – Der Brief hat die
30Ueberschrift: »Merkwürdiges Beyspiel, wie viel der Partheygeist
31selbst in der Physik vermöge, um die Menschen zu unmoralischen
32Handlungen zu | verleiten« – und lautet von Wort zu Wort folgen-309
33der Maßen:
34»Kew, den 20. May 1776.
35Madame!
36Wenn man bedenkt, wie träg insgemein die Menschen, und
37wie selten sie gewohnt sind, auf die Quellen zurückzuge-
38hen, so muß man gestehen, daß der Betrug, den mir E. M.
39zu erzählen erlauben werden, sehr fein angelegt war.