1Wenn also die Bande ein ebener Spiegel wäre, und man würde auf
2den Ball im Spiegel zielen, so würde man den wahren Ball treffen.
3Wenn man einem Billiardspieler zusieht, und es ereignet sich378
4z.B. folgender Umstand, daß der aus A (Fig. 52) nach B gespielte
5Ball, anstatt dem ewigen Gesetze zu Folge, nach C reflektirt zu
6werden, nach D reflektirt wird, so kann man sicher darauf rech-
7nen, daß eine Unordnung müsse vorgegangen seyn. Es versteht
8sich von selbst, daß hier vom geraden Stoße die Rede sey.
9Ueberhaupt kann man alle diese Lehren vom Stoße der Körper,
10auf dem Billiard nicht immer gut anwenden, wegen der Friktion
11der Kugeln auf dem Tuche.
12Herr Prof. Charles zu Paris hat sich ein Billiard von Marmor
13machen lassen. (Siehe Rozier Journal 1792 Januarp. 90.) Es war
149 Fuß lang, und hatte die gehörige Breite. Mit elfenbeinernen |
15Kugeln fand er die Anomalie auf demselben, daß das erste Mahl379
16zwar der Angulus incidentiä dem Angulo reflexionis gleich war;
17bey der zweyten Reflexion aber krümmte sich schon der Ball, und
18wurde nicht mehr nach dem gewöhnlichen Gesetze reflektirt.
19Dornquist, ein berühmter Billiardspieler zu Hamburg, und
20Inhaber des Kaffeehauses bey der Börse, wußte eine ganz eigene
21Anomalie auf dem Billiard hervor zu bringen. Unter mehreren
22Kunststücken, die er Lichtenberg zeigte – so, z.B. konnte er
23einen Ball sprengen, daß auch der seinige mit hinaus flog, und
24sagte es jedesmahl vorher, daß es so kommen wird – war gewiß
25das das größte, daß er einen Ball so zu spielen wußte, daß er
26entweder unter einem kleinern oder unter einem größern Winkel
27reflektirt wur|de, als er ihn anspielte. Indeß Lichtenberg ent-380
28deckte das Geheimniß bald. Der Mann stieß mit aller Vehemenz,
29dem ungeachtet lief der Ball nur sehr langsam fort. Er stieß densel-
30ben also an der Seite, so daß er sich in einer wirbelnden Bewegung
31fortbewegte. Er schlug also durch seine Wendung an. Man kann
32sich die Sache am besten mit einem Stirnrade sinnlich machen. Je
33nachdem sich nun die Kugel drehte, wurde sie bald unter einem
34größern, bald unter einem kleinern Winkel reflektirt.
35Hiemit hängt das zusammen, daß die Kanonenkugeln zuweilen
36so langsam daher zu kommen scheinen. Aber Gott gnade dem,
37der sie berührt. Der Motus rotatorius derselben verwandelt sich,
38sobald sie berührt wird, in einen Motum progressivum.
39Etwas Aehnliches kann mit einem Ringe geschehen, wenn man381
40ihn an einem starken Bindfaden zwischen den Knien drehet, und
41dann losläßt. Der Ring muß zwey kleine Einschnitte haben, dann