15. Es begünstiget das Athmen. Thiere leben und Lichter brennen
2darinnen auf 6 bis 7 Mahl länger, als in gemeiner Luft. Man
3nehme zwey Glocken oder Gläser, wovon eines mit gemeiner,
4das andere mit Lebensluft gefüllt ist, stürze sie über zwey
5Teller, auf welchen Wasser ist, und stelle nun darunter zwey
6Lichter auf Kork gesetzt: das Licht unter der gemeinen Luft
7löscht viel eher aus; am Ende muß freylich auch das andere
8auslöschen. – Weil die dephlogistisirte Luft dem thierischen
9Leben so günstig ist, so hat man verschiedene Methoden, zum
10Einsaugen derselben ausfin|dig gemacht. Ingenhouss hat in105
11seiner Sammlung vermischter Schriften mehrere Einrichtun-
12gen angegeben. Nur muß man aber nicht glauben, daß es ein
13Universalmittel wäre. Ja es kann sogar bey manchen Krank-
14heiten schädlich werden, z.B. bey hitzigen. Diese Vermuthung
15hat Lichtenberg in einer der ersten Vorreden zum Com-
16pendio, blos aus der Analogie geäußert. Sie wurde aber her-
17nach vom Hofrath Herz zu Berlin bestätiget. Späterhin wurde
18unter den Wienerischen Aerzten viel darüber disputirt. Doch
19dieß gehört nicht hieher.
206. Es begünstiget das Wachsthum der Pflanzen. Ingenhouss
21behauptete anfangs das Gegentheil; nahm aber hernach seine
22Behauptung wieder zurück. So fällt denn also – pflegte hier
23Lichtenberg scherzweise zu sagen – die Schwierigkeit weg,
24welche ich bisher noch immer bey meiner Hypothese hatte.
25Ich bin nähmlich der Meinung, daß Adam und die Erzväter |
26lauter dephlogistisirte Luft eingesaugt, und deßwegen so lange106
27gelebt haben. Nur war mir aber das noch entgegen, daß diese
28Luft den Pflanzen schädlich seyn sollte, welche Schwierigkeit
29nun also Ingenhouss gehoben hat.
30Nach der neuern Chemie ist das Sauerstoffgas eine Verbindung
31des Oxygens mit Calorique, wovon jenes die Basis, Grundlage
32oder der Grundstoff ist.
33Unter den vielen Nahmen, welche es führt, sind die, der Lebens-
34luft, Feuerluft, reinen Luft, und dephlogistisirten Luft, die ge-
35wöhnlichsten. Lichtenberg bediente sich aus langer Gewohn-
36heit, immer des letzteren, ungeachtet er das Unschickliche dessel-
37ben selbst eingestand.