IX. Von dem Wärmestoffe. §. 492. – 494.
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1werde, als in den beyden vorigen Fällen geschieht; und daraus
2wird wieder umgekehrt begreiflich, welch eine große Hitze ent-
3stehen muß, wenn | Luftarten zersetzt und genöthiget werden,166
4aus ihrem Zustande von permanenter Expansibilität in den von
5Tropfbarkeit oder gar von Festigkeit überzugehen.
6Auch hierüber sind die Physiker nun schon einig, aber dar-
7über nicht: Woher das Verschlucken des Wärmestoffs oder das
8Latentwerden desselben rühre. Einige, wie gesagt, schreiben es
9bloß der vermehrten Capacität zu; Andere behaupten, daß der
10Wärmestoff hier eine Art chemischer Verbindung mit dem Körper
11eingehe, und dadurch Flüßigkeit bewirke. Zu den ersteren gehört
12Crawford; mit den meisten Antiphlogistikern; zu den letzteren
13ein großer Theil der übrigen Physiker. Auf Seiten dieser letzteren
14möchte denn wohl auch die Wahrheit seyn. Denn wie in aller Welt
15ließe sich sonst gerade die allergrößeste Erscheinung in der Natur
16– die Flüßigkeit erklären? Und wozu hätte man | überhaupt den167
17Nahmen latenter Wärmestoff nöthig, wenn alle Latenz desselben
18bloß von vermehrter Capacität herrührte? – Indeß freylich muß
19man gewisse Grade dieser chemischen Verbindung des Wärme-
20stoffes, beym Latentwerden desselben unterscheiden. Man spricht
21deßhalb von einem adhärirend gebundenen und von einem che-
22misch gebundenen Wärmestoff. Jener findet bey der Schmelzung
23fester Substanzen und bey der Verwandlung in Dämpfe; dieser
24bey der Bildung der Luftarten Statt; jener kann durch bloße Kälte
25wieder frey werden: dieser nur durch elektive Attraktion anderer
26Substanzen. – An dem Daseyn eines solchen chemisch gebun-
27denen Wärmestoffes darf man wohl nicht zweifeln. Sowohl die
28Erscheinungen selbst, als die Analogie der Feuchtheit rechtferti-
29gen seine Voraussetzung. So wie das Crystallisations-Wasser in
30den Crystallen der Salze, und | in unsern Gipsfiguren kein Gegen-168
31stand der Hygrometer mehr ist: so kann auch es allerdings einen
32Wärmestoff geben, der schlechterdings kein Gegenstand mehr für
33das Thermometer ist. Auf diese Weise ist er denn ein Bestand-
34theil der Luftarten, welche ihm ihre Form zu danken haben, und
35durch welchen sie nicht allein äußerst elastisch und compressi-
36bel, sondern auch gegen jeden Zutritt von freyem Feuer so sehr
37empfindlich werden. Ihm ist auch die große Hitze zuzuschreiben,
38welche beym Verbrennen der Luftarten Statt findet.
39Die Menge von Erscheinungen, welche sich auf das Latent-
40und Freywerden des Wärmestoffes gründen, lassen sich am besten
41hiernach selbst ordnen.