1Zehnter Abschnitt.209
2Von der Elektricität.
3Die Lehre von der Elektricität ist eine der angenehmsten Leh-
4ren in der ganzen Physik, wegen der mannigfaltigen Erscheinun-
5gen und Versuche, die dabey vorkommen. Aber eben so auch
6eine der wichtigsten. Man könnte die Elektricität dieser Wich-
7tigkeit wegen, das fünfte Element nennen. – Ihre Wirkungen in
8Krankheiten, besonders in paralytischen sind entschieden. Nur
9ein Beyspiel für alle. Ein Schmiedgesell in Genf wurde mit einem |
10Hammer so auf den Kopf geschlagen, daß er 15 Jahre lang den210
11Gebrauch seiner Glieder entbehrn mußte. Am 26. Decemb. 1747
12nahm ihn Jallabert zu sich, und elektrisirte ihn. Am 28. Februar
131748 konnte er schon gesund nach Hause gehen. Freylich ist
14es auch gewiß, daß manche Uebel durch’s Elektrisiren schlim-
15mer werden. Auch kann ein Kranker mit zwey Uebeln behaftet
16seyn, wovon das eine durch’s Elektrisiren gehoben, das andere
17aber tödtlich gemacht wird. Allein, dieß ist kein Einwurf gegen
18die wohlthätige Wirksamkeit desselben, sondern fordert nur auf,
19mit einer solchen Cur äußerst vorsichtig zu seyn. – Pictet fand,
20daß man durch Elektricität bey todten Thieren noch Reitze her-
21vorbringen kann. Hufeland in Jena stellte einmahl solche Ver-
22suche bey Lichtenberg mit Hunden an. Der eine war schon
23erstarrt, und doch gab er, nachdem er elektrisirt wurde, noch
24immer Zeichen des Lebens von sich. Daß | er nicht ganz wie-211
25der in dasselbe zurückkehrte, war vielleicht der Umstand schuld,
26daß Hunde zu solchen Versuchen nicht taugen, wie Haen gezeigt
27hat. Mit Schweinen würden sie vermuthlich besser gelingen. –
28Achard in Berlin ließ vermittelst der Elektricität, in 21 Tagen
29Eyer ausbrüten. – Die Gewitter sind gewiß auch etwas Elekri-
30sches. Dieß brachte Franklin auf den Einfall der Blitzableiter.
31Den fürchterlichsten Blitz, der die schlechten Menschen fromm
32macht, kann man mit einer Goldleiste ableiten. Der schönste Vor-
33fall ereignete sich hierüber zu Siena, im Toskanischen. Es waren
34hier nach einander so viele Ungewitter, unter welchen besonders
35die hohe Cathedralkirche litt, daß man der ewigen Reparatur
36müde ward. Man beschloß also, dieselbe mit einem Blitzableiter
37zu versehen. Das Volk murrte wohl, und nannte denselben eine
38Ketzerstange: er kam aber doch zu Stande. Am 18. Aprill 1777
39kam | ein sehr schweres Donnerwetter. Die Leute liefen zur Kirche.212