1Erster Abschnitt.6
2Sphärische Astronomie.
31. Von der Erde.
4Die wahre Figur der Erde ist noch bis diese Stunde nicht bekannt,
5und dürfte vielleicht noch lange, vielleicht gar nie, ganz genau
6bekannt werden. Man muß also nicht glauben, daß die Ent-
7deckung, unsere Erde sey rund, so leicht habe können gemacht
8werden.
9Wenn man sich auf eine große Wiese hinstellt, und um sich
10blickt, so muß man die Erde für eine Ebene halten. Dieß ist
11auch noch die Geographie des hohen und niedern Pöbels. Viele
12wissen zwar, daß die Erde eine | Kugel sey, aber sie wissen es7
13auch nur, und begreifen es nicht. Ein paar Anekdoten werden dieß
14erläutern. Ein Freund∗von mir, reißte in einer heitern Nacht, in
15einer ihm unbekannten Gegend, und nahm daher einen Boten.
16Dieser letztere, der ein Mann von guter Gemüthsart war, leitete
17die Unterredung auf die Sterne, und fragte den Reisenden allerley
18darüber; und der erstere, der sich freute, einen solchen Schüler
19gefunden zu haben, ging ungebeten weiter, und fragte seinen Füh-
20rer, ob er auch wisse, daß die Erde eine Kugel sey. Er wüßte
21es nicht, sagte der. Es ging ihm auch vom Anfange schwer ein,
22er wurde aber doch über|zeugt, und verstand es dem Anscheine8
23nach, recht gut. Allein nach einiger Zeit zeigte es sich bey einer
24neuen Frage, zum größten Schmerz des Lehrers, daß der Schüler
25zwar die Erde wie eine Kugel gelten gelassen, aber geglaubt habe,
26sie sey hohl, und wir gingen auf der inneren Seite, so wie die
27Thiere oder Menschen in dem Rade eines Krahns, das sie durch
28Fortschreiten um seine Axe bewegen. Es war vermuthlich der
29Trieb zur Sicherheit, der diese Vorstellung bey ihm begünstigte;
30er dachte man wäre besser innerhalb einer Kugel aufgehoben,
31als außerhalb, so wie es sich leichter in einem Kahne über einen
32Strom setzen läßt, als auf einem Balken. – Ich†selbst kam einst
33in einer Familie auf die Materie von der Rundung der Erde zu
34sprechen. Die Frau sagte geradezu, sie | könne dieselbe gar nicht9