II. Theorische Astronomie. 1. Von der Erde.
643
244192
244194
2
0
1strahlen, die schief auffallen. Stellt man die Erde wieder auf |
2ihren höchsten Punkt, am 21. December, so zeigt das Modell,192
3daß die Lichtstrahlen auf den Ort, innerhalb des Polarkreises
4am schiefsten auffallen. Kömmt die Erde herunter bis auf den
5tiefsten Punkt, am 21. Junius, so fallen die Sonnenstrahlen am
6perpendikulärsten auf; und es müßte jetzt die größte Wärme statt
7finden; aber physikalische Gründe wirken ein, und verursachen,
8daß sie erst später eintritt. – Auf jeder Seite der Ellipse finden zwey
9mittlere Standpunkte statt, am 21. März und 22. Sept.; und dieß
10sind der Frühling und der Herbst.
11Beyde Phänomene der Tagslängen und der Jahrszeiten lassen
12sich auch recht gut durch eine Zeichnung darstellen. Es erhellet
13auch daraus, warum die Sonne, bald hier bald dort aufzugehen
14scheine. In der Fortsetzung der Raffschen Geographie ist dieß |
15ganz falsch vorgestellt, und so in tausend andern Büchern. Um193
16so mehr muß man sich also hier eine richtige Vorstellung zu
17machen suchen. Es stelle aSe Fig. 23 die Erdbahn vor, in deren
18Mittelpunkte S sich die Sonne befinde. An den beyden entgegen-
19gesetzten Enden derselben sey die Erde, und auf derselben NS die
20Erdaxe und ae der Erdäquator. Bewegte sich nun die Erde so in
21ihrer Bahn, daß sich die Axe immer parallel bliebe und zugleich
22einen rechten Winkel mit der Bahn bildete: so fiele Erdbahn und
23Aequator immer zusammen, die Sonne ginge immer an einem und
24demselben Orte auf, und Tag und Nacht wären immer und überall
25einander gleich. Allein obige Voraussetzung ist nur halb wahr. Die
26Axe der Erde bleibt sich wohl bey der Bewegung um die Sonne
27immer parallel, aber sie bildet mit der Erdbahn keinen rechten
28Winkel, sondern einen Winkel von 6612◦. Und dieß | ändert die194
29Sache gewaltig, wie Fig. 24 deutlich darstellt.
30Es sey also ABCD die Erdbahn, S die Sonne, NS die um 6612
31Grad gegen die Ebene ihrer Bahn geneigte und in allen Stellungen
32eine gleiche, sich immer parallele Lage behaltende Erdachse; N
33der Nord, S der Südpol, ae der Aequator, nm und or Parallelen
34und n ein Ort auf der Erde. – Steht nun die Erde im Krebs (d), so
35erscheint die Sonne im Steinbock (j) und ihre Strahlen So fallen
36auf den Parallelkreis or senkrecht. Die Sonne scheint alsdann
37diesen Kreis or zu beschreiben, geht für den Ort n gegen Süden
38auf und unter, erscheint für diesen Ort am Mittage weit von
39dem Scheitel z in geringer Mittagshöhe, und macht also für die
40nördlichen Länder den Anfang des Winters, und für die südlichen