1hatte. Auf dem Boden derselben war in der Richtung und Länge
2des Halbmessers ein Stift, Gnomon, als Schattenzeiger errichtet,
3und durch den Punkt, wo dieser Gnomon auf dem Becken stand,
4ein eingetheilter Halbkreis gezogen. Im Durchschnitte sah also
5dieses ehrwürdige Instrument aus, wie Fig. 32 es darstellt. AFB
6stellt sowohl das Becken, als den eingetheilten Halbkreis vor; CF
7ist der Gnomon. – Es waren die zwey Städte Syene und Alexan-
8drien in Egypten, in welchen Eratosthenes seine Beobachtungen
9anstellte. Er setzte beyde unter einen Meridian, und die erstere
10gerade in den | Wendekreis des Krebses. Nun beobachtete er mit267
11seiner Scapha zu Syene am Tage des Solstitium Aestivum, da die
12Sonne um Mittag gerade im Scheitelpunkt des Meridians stand
13und bemerkte, daß der Gnomon gar keinen Schatten werfe, oder
14daß dieser Schatten gleichsam in den Gnomon selbst zurücke falle
15und also auf dem Halbmesser der Scaphe nicht bemerklich werde.
16In einem andern Jahre beobachtete er die Lage der Sonne an dem
17nämlichen Tage und zur nämlichen Zeit zu Alexandrien. Hier
18wurde der Schatten des Gnomons auf dem Halbkreis der Scaphe
19allerdings bemerklich und nahm auf demselben eine Strecke ein,
20welche den 50ten Theil von dem Umfange eines größten Kreises,
21oder wie wir sprechen 7°12' betrug. So viel mußte also auch der
22Bogen des Erdmeridians zwischen Syene und Alexandrien betra-
23gen. | Nun nahm er die Entfernung beyder Städte zu 5000 Stadien268
24an; also mußte er 50 multiplicirt mit 5000 = 250000 Stadien für
25den Umfang der Erde erhalten.
26Man sieht sein Verfahren ist ganz dasselbe, wie mit der obigen
27Setzwaage; nur daß dabey statt des Pendels, die Strahlen der
28Sonne gebraucht werden, die wenn sie von einerley Punkt ihrer
29Oberfläche zu uns gelangen, als parallel betrachtet werden kön-
30nen. Eine Zeichnung wird dieß noch deutlicher machen. Es sey
31also Fig. 33 AB der Erdmeridian von Syene und Alexandrien. In
32D zu Syene wirft der Gnomon keinen Schatten; wohl aber in E zu
33Alexandrien. Dieser Schatten reiche in der Scaphe von E bis G: so
34wird EG der gesuchte Bogen seyn, dessen Länge die Eintheilung
35des Halbkreises auf der Scaphe in Zahlen angiebt. Weiß man |
36nun die Länge des Bogens, so weiß man auch die Länge des269
37Bogens ED oder des Stücks vom Meridian zwischen Alexandrien
38und Syene und folglich den ganzen Meridian. Denn beyde Bogen
39sind einander vollkommen ähnlich, weil sie zu einerley Winkel
40gehören. Man stelle sich nämlich die Gnomone von Syene und
41Alexandrien verlängert vor, so werden sie am Mittelpunkte der