1Ganz anders hierüber Ideler in der angeführten Abhandlung, der
2alle Verschiedenheit des Stadiums verwirft. Er vermuthet, daß die
3180000 Stadien, welche von Posidonius wirklich dem Erdumfang
4beygelegt wurden, und welche vom Ptolemäus unter allen Bestimmun-
5gen dieses Erdumfangs die genaueste genannt werden, auf dem Wege,
6sey es nun von Posidonius selbst, oder von irgend einem frühern
7Mathematiker, gefunden worden seyen, von welchem Simplicius in
8seinem Commentar über Aristoteles de coelo spricht. Es heißt daselbst
9(S. 134, a; oder auch beym Joh. Philoponus in Arist. Meteora p. 79,
10a): die Astronomen suchten mit Hülfe der Dioptra (eines mit Dioptern
11versehenen Gradbogens) zwey Sterne, die genau um einen Grad oder
12um den 360ten Theil des Umfangs der Himmelskugel von einander
13entfernt sind; sie bestimmten ferner den Abstand der beyden Oerter auf
14der Erde, durch deren Scheitelpunkte diese Sterne gehen und maßen
15denselben δια της οδοµετριας (d.i. durch Operationen, wie sie die
16βηµατισται – mensores itinerum – entweder durch die Meßstange oder
17auch durch ein bloßes Ausschreiten verrichteten). Sie fanden nun daß
18derselbe 500 Stadien hielt, und schlossen hieraus, daß der größte Kreis
19der Erde 18 Myriaden Stadien habe. Man sieht, daß hier das Prinzip
20der neuen Gradmessungen noch reiner ausgesprochen ist, als in dem
21Verfahren des Eratosthenes. Daß bey der Anwendung desselben die
22Alten so bedeutend gefehlt haben, liegt in der großen Unvollkommenheit
23ihrer Instrumente. Die messende Astronomie hat eigentlich erst bey den
24Arabern im Zeitalter des Almamon begonnen, wo man vollkommnere
25Instrumente zu construiren anfing. – Merkwürdig ist es, daß die beyden
26Hauptbestimmungen des Erdumfangs, die wir bey den Alten antreffen,
27die zu 252000 und die zu 180000 Stadien die Wahrheit beynahe in ihrer
28Mitte haben, indem die erste den Erdgrad, der 604 Stadien hält 700, die
29zweyte 500 giebt.