II. Theorische Astronomie. 1. Von der Erde.
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1Es hat hiemit kurz folgende Bewandtniß. Der Mond hat eine365
2so schnelle Bewegung, daß er des Tages 14 bis 15 Grade, also
3in einer Stunde 32 Minuten durchläuft. Aus diesem bekannten
4Laufe läßt sich folglich berechnen, um welchen Winkel, oder um
5wie viel Grade er, aus dem Mittelpunkte der Erde gesehen, zu
6jeder nach der Zeit eines gewissen Meridians bestimmten Stunde,
7von der Sonne oder von einem merkwürdigen Sterne abstehen
8muß. Aus dem Mittelpunkte der Erde kann man seinen Abstand
9freylich nicht beobachten; aber man kann es auf der | Oberfläche366
10derselben, und dieser scheinbare Abstand läßt sich leicht auf jenen
11wahren reduciren. Hat man nun aber diesen wahren, aus dem
12Mittelpunkte der Erde gesehenen Abstand des Mondes von der
13Sonne oder von einem Sterne, unter einem gewissen Meridiane,
14so läßt sich daraus auch bestimmen, welche Zeit es unter die-
15sem Meridiane, in dem Augenblick sey, für welchen der Abstand
16bekannt ist. Hätte man also für einen gewissen Meridian diese
17Abstände in Tafeln genau berechnet: so dürfte man nur unter
18einem andern Meridiane eine Distanz des Mondes beobachten
19– welches auch zur See sehr leicht geschehen kann – und die
20dadurch erhaltene Zeit, mit jener des bekannten Meridians ver-
21gleichen; aus dem Unterschiede der Zeit für beyde Meridiane,
22erhielte man ihren Unterschied in Graden, oder die geographische
23Länge des | Ortes, wo man sich befindet. Man hat nun aber367
24wirklich solche Tafeln, die den Stand des Mondes zu jeder Zeit
25genau angeben: und so ist denn auch das berühmte Problem über
26die Erfindung der Meereslänge so gut als gelößt.
27Tobias Mayer war der erste, der solche Tafeln lieferte. Er war zu
28Marbach im Würtembergischen, den 17. Febr. 1723 geboren und
29starb zu Göttingen den 20. Febr. 1762. Eines der größten Genies,
30die Deutschland hervorgebracht hat. Er war von armen Eltern∗,