1erzeugt würde. Indeß sich auf so unbekannte Prozesse zu berufen,
2heißt den Knoten nicht auflösen, sondern zerhauen.
3Die ganze Frage: woher das Meer sein Salz erhalte, scheint
4kaum einen vernünftigen Sinn zu haben. Dieser Meynung ist auch
5der Bischof Watson. Das Meerwasser war von allem Anfang her
6salzig, und es ist verwegen, den Ursprung desselben bestimmen zu
7wollen, da dieß zur Schöpfungs- und Bil|dungsgeschichte unserer34
8Erde gehört. Man muß erst beweisen, daß dasselbe einmahl süß
9gewesen wäre, wenn man den neuern Ursprung der Salzigkeit
10erklären will. Es giebt Thiere, die blos im Salzwasser leben kön-
11nen. Wo hätten also diese vorher gelebt? So wenig man frägt,
12woher das Laugensalz in die Bäume und Pflanzen komme, oder
13warum doch die atmosphärische Luft, aus drey andern Luftar-
14ten bestehe, so wenig frage man auch woher das Salz in das
15Meer komme. Es war ursprünglich da, und damit beruhige man
16sich. Will man ja weiter gehen, so geschehe es auf folgende Art.
17Unsere Erde präcipitirte sich wahrscheinlich aus einem Fluidum,
18in welchem die verschieden salzigten Dinge von jeher vorhan-
19den waren, als aber das Meerwasser sich von dem festen Lande
20trennte, konnte es nicht süß bleiben, sondern mußte nothwendig
21viel Salz auflösen und mit sich führen. – Wer weiß | ob nicht die35
22großen Salzstämme in Ungern und Siebenbürgen einst auf Meeres
23Boden standen, und nur beym Zurücktreten der See zur Zeit einer
24großen Revolution zurückgelassen wurden? Wenigstens darf man
25dieß weit wahrscheinlicher annehmen, als daß jene und ähnliche
26Salzstämme die Ursache von der Salzigkeit des Meeres wären.
27Dieser Meinung ist auch Graf Ludwig Barbieri von Vicenz.
28Das Meerwasser hat verschiedene Farben. In manchen Gegen-
29den ist es weiß, der glänzenden Fische wegen, die sich da befinden;
30in andern ist es ganz röthlicht, theils wegen der kleinen Würmer,
31die es da giebt, theils aber auch wegen gewisser Wasserpflanzen,
32die dort wachsen, wie im rothen Meere. Diese Farbe aber ist
33nicht beständig. In großer Tiefe erscheint sie grasgrün, und weit
34weg vom Horizont fast dunkelblau. Alles dieß fällt weg, wenn
35man das | Meerwasser in einem Gefäß betrachtet. Da ist es ganz36
36rein, wie Krystall und schön durchsichtig. – Als Halley sich
37einst in einer Taucherglocke in das Meer hinab ließ, fand er seine
38Hand oben roth, unten grün. Man fragte daher: Woher doch diese
39doppelte Farbe? Aber wer mag das ergründen! Die verschiedenen
40Salztheilchen können dabey einen Einfluß haben. Es ist bekannt,
41daß man den Veilchensyrup bald roth, bald grün machen kann.