Physikalische Geographie, Meteorologie, Theorie der Erde.
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1sprechen? Hätten wir einen Sinn für den Unterschied zwischen
2Dampf und Luft in freyer Atmosphäre, wir würden ihn gewiß
3bemerken. Da aber dieß nicht ist, müssen wir uns nach einem
4andern Kennzeichen umsehen, um über die Art der | Verbindung207
5zwischen beyden, urtheilen zu können. Ein solches Kennzeichen
6ist nun, die schon erwähnte vermehrte Dichtigkeit, oder das
7größere specifische Gewicht. Dieß findet sich durchaus nicht bey
8der Verbindung des Wasserdampfes mit der Luft. Es kann daher
9auch zwischen beyden, keine chemische, sondern blos eine mecha-
10nische Verbindung bestehen.
11Übrigens ist es freylich bekannt genug, welche Unterschiede es
12bey den chemischen Verbindungen gebe, u. wie bey einigen nur
13eine geringe Abänderung in den Eigenschaften der Bestandtheile,
14bey andern hingegen eine so totale Umwandlung derselben statt
15finde, daß beynahe nichts als ihr absolutes Gewicht übrig bleibt.
16Nur diese letztere Art von chemischer Verbindung, wird eigentlich
17von den Vertheidigern der zweyten Meinung geläugnet; die erstere
18könnten sie immer zugeben – wenn man es gerade so haben |
19wollte, und der Friede zwischen den streitenden Partheyen, nicht208
20anders herzustellen wäre. Indeß connivent, würden sie dann wohl
21handeln, aber nicht consequent; weil auch die schwächeste che-
22mische Verbindung keine mechanische ist.
23Das Zweyte, was man der Meynung von einem unveränderten
24Bestehen des Wasserdampfes in der Luft entgegensetzt, ist folgen-
25des. Man sagt nähmlich: Jeder Wasserdampf wird zersetzt, wenn
26entweder bey dem Wärmegrade, bey dem er sich erzeugte, der
27Luftdruck vermehrt, oder bey unverändertem Drucke, bey dem er
28sich bildete, die Wärme vermindert wird. Nun findet mit demjeni-
29gen Dampfe, der in die Luft aufsteigt, entweder das eine, oder das
30andere, oder gar beydes zugleich statt, also muß auch nothwendig
31eine Zersetzung desselben erfolgen. In ersterer Hinsicht beruft |
32man sich auf die Erfahrung im Luftleeren Raume, daß nähmlich209
33die Wasserdämpfe, welche sich daselbst bilden, sogleich wieder
34zerstört werden, sobald die Luft hinzugelassen und also der Luft-
35druck vermehrt wird. Wer wollte es läugnen, daß es mit dieser
36Erfahrung seine vollkommene Richtigkeit habe! Aber wer sieht
37auch nicht ein, wie wenig sie zu dem Schlusse berechtige, der
38daraus für das Schicksal der in freyer Atmosphäre gebildeten
39Dämpfe gefolgert wird! Nicht zu gedenken, daß die im leeren
40Luftraume entstandenen, und beym Hinzulassen der Luft sichtbar
41gewordenen Dämpfe, (Dünste) sehr bald wieder verschwinden,