Physikalische Geographie, Meteorologie, Theorie der Erde.
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1c. Das Nordlicht.322
2Diese wunderschöne Erscheinung am nordlichen Himmel ist schon
3sehr lange bekannt. Aristoteles, Plinius, Livius, Seneka spra-
4chen schon davon. Die eigentlichen philosophischen Betrachtun-
5gen darüber fangen aber erst im Jahre 1716 an. Von dieser Zeit an
6wurde nähmlich die Beobachtung des Phänomens immer häufiger.
7Im Jahr 1729, hat man allein 27 Nordlichter aufgezeichnet, und
8von 1701 bis 1780, wurden deren zu Berlin gegen 260 gesehen.
9Die Entstehung des Phänomens ereignet sich gewöhnlich auf
10folgende Art. Es formirt sich gegen Mitternacht hin ein dunk-
11ler Nebel, der nach und nach die Gestalt eines Cirkelsegments
12annimmt, wovon ein Theil des Horizonts die Sehne ausmacht. Die
13obere Gränze dieses Segments, umzieht sich bald mit einem hel|len323
14Streifen, und aus diesem Streifen steigen dann Lichtstrahlen von
15verschiedenen Farben und unter mannigfaltigem Spiel hervor, oft
16bis in das Zenith hinauf.
17Die schönsten Nordlichter, die man in der neuern Zeit in Göt-
18tingen sah, waren das am 18. Januar 1770 und am 28. July
191780. Das letztere verschlief Lichtenberg. In diesen Gegenden
20der Breite, sind die Nordlichter schon etwas seltener, weiter hin-
21auf aber desto häufiger und prächtiger. In MaupertuisFigure
22de la TerreS. 78. findet man eine schöne Beschreibung dieses
23reitzenden Schauspiels.
24Eben so, wie es gegen den Nordpol hin ein Nordlicht giebt,
25giebt es auch gegen den Südpol hin ein Südlicht. Es ist aber viel
26seltener, als das Nordlicht. So viel man weiß, wurde es zuerst auf
27Cooks Reise um die Welt, im Jahr 1773 beobachtet.
28Die vorzüglichsten Meynungen über | die Entstehung des Nord-324
29lichts, sind die von Mairan, Hell und Franklin.
30Mairan war Mitglied der französischen Akademie und eine
31Zeit lang Sekretär derselben (geb. 1678, gest. 1771). Seine sinn-
32reiche und lange fast allgemein angenommene Theorie über das
33Nordlicht, machte er zuerst in den Memoiren der Akademie im
34Jahr 1731 bekannt. Sie ist kurz folgende. Unsere Erde geräth
35öfters auf ihrer Bahn um die Sonne in die Gränzen der Atmo-
36sphäre derselben, welche bald größer, bald kleiner ist. Da nimmt
37sie denn die Theile dieser Atmosphäre, die ihr so nahe kommen,
38daß sie gegen sie mehr Schwere, als gegen die Sonne erhalten,
39in ihren eigenen Luftkreis auf und verbindet sie mit demselben.