Zeugnisse über Lichtenberg
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1Studirenden das Honorar mit Freuden,158 und leistete ihnen noch
2außerdem allen möglichen Beystand. Seine Güte mißbrauchten
3auch Manche. Dies sah man unter andern in seinen Vorlesungen
4an der großen Anzahl von Hospitanten. Oft waren 20 bis 30 un-
5gebetene Gäste da, besonders, wenn es etwas zu sehen gab. Dies
6hielt indessen den herrlichen Mann nicht vom fernern Wohlthun
7ab. Sein Gehalt als Professor der Physik war nicht groß, und doch
8hielt er nie um Zulage an, die nicht leicht ein andrer Lehrer mit
9mehr Recht verdient hätte, als er.
10Seine Gefälligkeit war nicht blos in gelehrter Hinsicht bemerk-
11bar; sie zeigte sich auch in manchen Kleinigkeiten des gemeinen
12Lebens. Wenn er z. B. sah, daß den Fenstern der Nachbarn durch
13Sturmwinde ein Schaden drohte, so rief er entweder selbst den
14Leuten zu, die Fenster zu verwahren, oder er ließ es ihnen durch
15seinen Bedienten sagen. Ich weiß, daß Leute aus seiner Nachbar-
16schaft, die sich nach gutem Wetter sehnten, den Herrn Professor
17zu Rathe zogen. Dieser machte sich eine Freude daraus, ihnen
18hierüber so gut wie möglich Auskunft zu geben. Jeder hatte den
19größten Respect vor Lichtenbergs physischen Kenntnissen. Man
20glaubte, daß Niemand die Natur besser durchschauen könne, wie
21er. Die gemeinen Leute sahen ihn für eine Art von Propheten oder
22Wundermann an.
23Sehr auffallend war Lichtenbergs Ängstlichkeit bey’m Anfange
24der Kollegien in jedem Semester, wenn er wieder neue Gesichter
25vor sich sah. Sie verrieth sich durch Stottern, durch schwaches
26Reden, &c. Auch bey Gewittern war er immer sehr ängstlich. Ge-
27wöhnlich setzte er das Kollegium aus, wenn ein Gewitter im An-
28zuge war. Der Grund dieser Aengstlichkeit lag in seinem schwa-
29chen Körper, welcher die Veränderung des Wetters empfand;
30wenigstens versicherte er, daß er sonst keine Furcht vor Gewittern
31habe. Sein Gartenhaus, welches er im Sommer bewohnte, hatte
32einen Blitzableiter, und zwar nach der Vorschrift des Reimarus,
33aus 3 Zoll breiten Bleystreifen, womit die Ecken des Gebäudes
34von dem obersten Theile (von dem Schornsteinrande) bis unten an