II. Theorische Astronomie. 1. Von der Erde.
651
244200
244202
2
0
1auch zu dieser Basis den Durchmesser der Erde an, so erhielte
2man, wie man anders woher weiß, oben an der Sonne einen Win-
3kel von 16–17 Sekunden; also würden die Winkel an der Basis fast
4gleich zwey rechten seyn, und also nichts entscheiden können. –
5Auch durch die Messung der scheinbaren Größe geht es nicht. Der
6Knopf des Jacobithurms zu Göttingen hat einen Durchmesser von
72 Pariser Fuß 0 Zoll, 225Linien, oder 2 Fuß, 1125Linien, wenn
8man den Wulst da|zu nimmt. Mißt man nun seine scheinbare215
9Größe, so läßt sich aus jener und aus dieser auch seine Höhe
10oder Entfernung von Göttingen bestimmen. Allein bey der Sonne
11geht dieses nicht an. Da wird ja erst die wahre Größe aus der
12scheinbaren und der Entfernung abgeleitet, und kann also nicht
13als bekannt vorausgesetzt werden. – Eine dritte Methode böte
14der Mond dar, wenn er von der Sonne gerade halb erleuchtet
15erscheint. Käme nämlich der Mond L Fig. 26 in seiner Bahn, mit
16der Erde T und der Sonne S in eine solche Lage, daß eine Linie aus
17der Erde Mittelpunkt nach ihn (TL), und eine Linie aus der Sonne
18Mittelpunkt nach ihn (SL), bey L einen rechten Winkel bildete:
19so entstünde das Dreyeck TLS, von welchem die Seite TL und der
20Winkel L bekannt ist, der Winkel bey T aber sich messen ließe.
21Folglich könnte auch alles | Uebrige im Dreyeck und mithin auch216
22die Hypothenuse TS oder die Entfernung der Erde von der Sonne
23bestimmt werden. – Aber wer kann den Augenblick abpassen, in
24welchem Mond und Erde gerade in eine solche Lage kömmt! Also
25auch hiermit ist es nichts.
26Man hat folglich auf ein anderes Mittel gedacht. Und dieß
27war der Durchgang der Venus durch die Sonne im Jahre 1761
28und vorzüglich 1769. – Der große Kepler prophezeyte zuerst
29im Jahre 1629 den Durchgang des Merkurs und der Venus, auf
30das Jahr 1631. Der Merkur kam wirklich am 6. Nov. Gassendi
31beobachte ihn zu Paris. Aber die Venus kam am 6. Dez. nicht;
32und am 15. Nov. starb der große Mann, der ihren Durchgang
33prophezeyte. Jetzt hätte man beynahe auf die ganze Sache ver-
34gessen, wenn sich nicht der Engländer | Jeremias Horockes, der217
35gewöhnlich Horoccius geschrieben wird, darum angenommen
36hätte. Er berechnete den Durchgang der Venus aus den Lands-
37bergischen Tafeln, auf das Jahr 1639. Da kam sie wirklich am
389. Dez. und es wurde also ihr Durchgang durch die Sonne 1639,
39den 9. Dez. zum erstenmahl, seit Erschaffung der Welt beobach-
40tet. Zugleich mit Horockes geschah es auch von seinem Freund