Georg Christoph Lichtenberg

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Seite 867

Band 2 - Teil V - Meteorologie

II. 2. Von der Ebbe und Fluth.
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1der Welt: sie würde eine vollkommene Kugel bleiben. Aber so ist
2der Kern derselben eine feste, starre Masse; und nun kömmt der
3Mond dazu, und noch so nahe dazu, und mit einer anziehenden
4Kraft dazu: da muß sich freylich alles ändern, wie man sich es
5durch folgende Zeichnung deutlich machen kann.
6Es sey acbd Fig.13 die feste Erdkugel. Man stelle sich dieselbe
7ganz mit Wasser umgeben vor, und αγβδ sey die Oberfläche dieses
8Wassers. Im Meridian des Ortes a befinde sich der Mond L, so
9wird sich folgendes ereignen:
101. Der Mond äußert seine Ziehkraft auf das Wasser der ihm
11zugekehrten Erd-Halbkugel cad, und wirkt dadurch der natür-
12lichen Schwere dieses | Wassers entgegen. Die Wassersäule aα159
13z.B. wird durch die Schwere, von α nach a, durch den Mond
14aber von a nach α gezogen. Folglich vermindert dieser Zug des
15Mondes jenen Zug der Schwere, und die Wassersäule aα kann
16mit den übrigen Wassersäulen, bis zu cγ und dδ hin, nicht
17mehr im Gleichgewicht bleiben. Diese alle also müßten schon
18darum etwas nach α hinfließen, wenn auch die Säule aα nur
19allein von dem Monde angezogen würde. Aber sie müssen es
20um so mehr, da sie ja, auch alle selbst, diesem Zuge ausgesetzt
21sind. So erhebt sich demnach das Wasser, jetzt weniger, als
22vorher von der Erde angezogen, von γ und δ immer mehr
23und mehr nach α hin, bis alle Säulen desselben wieder im
24Gleichgewicht sind, und verwandelt so seine Kugelgestalt γαδ
25in die elliptische γ'α'δ'. Es steigt mithin bey α und es fällt bey
26γund δ. Dort ist also hohes Wasser | oder Fluth, hier niedriges160
27Wasser oder Ebbe.
282. Gleichergestalt muß sich das Wasser auch in der gegenüberste-
29henden Halbkugel bey β erheben.
30Hiebey finden so viele Menschen eine ausserordentliche
31Schwierigkeit;∗und doch läßt sich die Sache auf das einleuch-
32tendste darstellen. Es sey nähmlich die Wirkung welche die
33Ziehkraft des Mondes L, im Mittelpunkt der Erde hervor-
34bringt, = 1, und die auf der festen Oberfläche derselben = x,

Textkritischer Kommentar

Textkritischer Kommentar (Randtext)

Anmerkungen

867 ∗ 
867
1Selbst ein Link behauptete (Gilb. Annal. 30 B. S. 13.) »Man stelle die
2Sache, wie man will, nie wird man eine Erklärung, warum sich das Wasser
3auf der vom Monde abgekehrten Seite erhebe, herausbringen können.« –
4Gilbert (ebendas. S. 23) brachte diese Erklärung auf eine ähnliche Art
5heraus, wie hier geschehen ist.
anmerkung 241985
798246 244417 2

Anmerkungen

Herausgeberkorrekturen am Drucktext

Marginalien zur sechsten Auflage

Anmerkungen von Lichtenberg

Registereinträge

0 244417 Sachregister ~ Ebbe und Flut ~ Erklärung. 2442 2 867 6-34 1 Es sey acbd Fig. 13 die feste Erdkugel. Man stelle sich dieselbe ganz mit Wasser umgeben vor, und αγβδ sey die Oberfläche dieses Wassers. Im Meridian des Ortes a befinde sich der Mond L, so wird sich folgendes ereignen: 1. Der Mond äußert seine Ziehkraft auf das Wasser der ihm zugekehrten Erd-Halbkugel cad, und wirkt dadurch der natür- lichen Schwere dieses | Wassers entgegen. Die Wassersäule aα 159 z.B. wird durch die Schwere, von α nach a, durch den Mond aber von a nach α gezogen. Folglich vermindert dieser Zug des Mondes jenen Zug der Schwere, und die Wassersäule aα kann mit den übrigen Wassersäulen, bis zu cγ und dδ hin, nicht mehr im Gleichgewicht bleiben. Diese alle also müßten schon darum etwas nach α hinfließen, wenn auch die Säule aα nur allein von dem Monde angezogen würde. Aber sie müssen es um so mehr, da sie ja, auch alle selbst, diesem Zuge ausgesetzt sind. So erhebt sich demnach das Wasser, jetzt weniger, als vorher von der Erde angezogen, von γ und δ immer mehr und mehr nach α hin, bis alle Säulen desselben wieder im Gleichgewicht sind, und verwandelt so seine Kugelgestalt γαδ in die elliptische γ'α'δ'. Es steigt mithin bey α und es fällt bey γ und δ. Dort ist also hohes Wasser | oder Fluth, hier niedriges 160 Wasser oder Ebbe. 2. Gleichergestalt muß sich das Wasser auch in der gegenüberste- henden Halbkugel bey β erheben. Hiebey finden so viele Menschen eine ausserordentliche Schwierigkeit; ∗ und doch läßt sich die Sache auf das einleuch- tendste darstellen. Es sey nähmlich die Wirkung welche die Ziehkraft des Mondes L, im Mittelpunkt der Erde hervor- bringt, = 1, und die auf der festen Oberfläche derselben = x , siehe Gesamtregister.
0 244417 Sachregister ~ Erde (Erdkugel) ~ Kugelgestalt ~ Wasserkugel. 28202 2 867 6-8 Man stelle sich dieselbe ganz mit Wasser umgeben vor, und αγβδ sey die Oberfläche dieses Wassers. siehe Gesamtregister.
0 244417 Sachregister ~ Erde (Erdkugel) ~ Anziehung des Mondes ungleichförmig. 28212 2 867 32-34 1 Es sey nähmlich die Wirkung welche die Ziehkraft des Mondes L, im Mittelpunkt der Erde hervor- bringt, = 1, und die auf der festen Oberfläche derselben = x , siehe Gesamtregister.
0 244417 798246 Personenregister ~ Gilbert, Ludwig Wilhelm ~ Schriften ~ Nachschrift [zu: Link, Einige Bemerkungen über Anziehung und Verwandtschaft] (1808). 18038 2 867 4 * Gilbert (ebendas. S. 23) siehe Gesamtregister.
0 244417 798246 Personenregister ~ Gilbert, Ludwig Wilhelm ~ Herausgeber ~ Annalen der Physik (1799–). 18268 2 867 1 * kapitalis Gilb. siehe Gesamtregister.
0 244417 798246 Personenregister ~ Link, Heinrich Friedrich ~ Schriften ~ Einige Bemerkungen über Anziehung und Verwandtschaft (1808). 18036 2 867 1 * Link behauptete ( Gilb. Annal. 30 B. S. 13.) siehe Gesamtregister.

Abbildungen

Digitalisate

02444172867601tafelVNat_2gamn_tafeln-5-1.jpgFig.13 Bändchen 5, Tafel 1 (Figur 13)
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